Artenschutz
Schriftliche Anfrage
Drucksache Nr. IX/0759 vom 08.05.2024 des Bezirksverordneten Uwe Doering – Die Linke.
Ich frage das Bezirksamt:
1. Welche Abteilungen im Bezirksamt sind bei Genehmigungsverfahren nach Bauordnungsrecht (artenschutzrechtliche Prüfungen, vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen, Anträge auf Befreiung / Ausnahme), für den Bereich Artenschutz beteiligt?
2. Wie viele Planstellen sind für die unter Frage 1 genannten jeweiligen Abteilungen vorgesehen und wie viele davon sind unbesetzt?
3. Kommt es bei Genehmigungsverfahren nach Bauordnungsrecht für den Bereich Artenschutz zu Verzögerungen aufgrund fehlender Stellen?
4. Gibt es bei Genehmigungsverfahren nach Bauordnungsrecht für den Bereich Artenschutz zeitliche Fristen die eingehalten werden müssen?
5. Wie schätzt das Bezirksamt die durchschnittliche Arbeitszeit für Genehmigungsverfahren nach Bauordnungsrecht für den Bereich Artenschutz ein und können die unter 4 genannten Fristen eingehalten werden?
6. Welcher zusätzliche Arbeitsaufwand, wie z. B. Prüfungen von Ausgleichsmaßnahmen nach Vorhabenbeginn, entstehen bei abgeschlossenen Genehmigungsverfahren nach Bauordnungsrecht für den Bereich Artenschutz?
7. In wie vielen Genehmigungsverfahren der letzten fünf Jahre wurden nach Bauordnungsrecht die Belange des Artenschutzes über vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen nach § 44 (5) BNatSchG geregelt und in wie vielen Fällen wurden stattdessen artenschutzrechtliche Ausnahmeverfahren unter Beteiligung der Naturschutzverbände eingeleitet?
Hierzu antwortet das Bezirksamt Treptow-Köpenick:
Zu 1.
Das Naturschutzrecht (inkl. Artenschutz) ist ein sogenanntes Baunebenrecht. Das Baunebenrecht umfasst alle Vorschriften des sonstigen öffentlichen Rechts, die neben dem Bauordnungsrecht unmittelbar die Rechtmäßigkeit der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen betreffen.
Seit der Änderung der Bauordnung für Berlin (BauO Bln) im Jahr 2005 bescheinigt eine Baugenehmigung nicht mehr die umfassende Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit allen öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Vielmehr muss die Bauherrin oder der Bauherr eigenverantwortlich die Einhaltung solcher Vorschriften sicherstellen, die die Bauaufsichtsbehörde nicht überprüft und ggf. von anderen Behörden die Genehmigungen einholen. Der Leitfaden zum Baunebenrecht (Stand 14. Februar 2024 – siehe: https://www.berlin.de/sen/bauen/baurecht-und-bauplanung/bauaufsicht/leitfaden-baunebenrecht/) von der Obersten Bauaufsicht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen gibt hier einen Überblick, welche Belange im Rahmen des bauaufsichtlichen Verfahrens geprüft werden und welche nicht. Hier muss sich dann beispielsweise die Bauherrin bzw. der Bauherr selbst um das Verfahren kümmern oder die Anforderungen des Baunebenrechts eigenverantwortlich einhalten.
Die zuständige Fachbehörde bzw. Ansprechpartner/in ist im Leitfaden zum Baunebenrecht zum Naturschutzrecht unter Punkt 2 aufgeführt. Für den Schutz besonders geschützter Tierarten (Punkt 2.8 des Leitfadens) ist dies im Bezirksamt die untere Naturschutzbehörde.
Zu 2.
Bei vier Planstellen der unteren Naturschutzbehörde ist der Artenschutz Teil des Arbeitsgebietes. Alle vier Stellen sind aktuell besetzt, wobei eine Kollegin zeitnah in Elternzeit geht. Das Besetzungsverfahren für die Elternzeitvertretung läuft bereits.
Zu 3.
Aufgrund der seit einigen Jahren bestehenden Zunahme der Bautätigkeit kann es bei besonders komplexen Bauvorhaben in Einzelfällen zu personellen Engpässen kommen.
Zu 4.
Nein
Zu 5.
Angaben zur durchschnittlichen Arbeitszeit können aufgrund der Bandbreite der Vorhaben nicht getroffen werden. Es gibt Vorhaben, bei denen artenschutzrechtliche Konflikte kurzfristig gelöst werden können und Vorhaben, die aufgrund ihrer Komplexität einen höheren Untersuchungs- und Abstimmungsbedarf erfordern.
Zu 6.
Der Arbeitsaufwand kann nicht abgeschätzt werden. Grundsätzlich lässt sich aber festhalten, dass je mehr Ausgleichsbedarfe durch die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft bei Bauvorhaben entstehen, desto höher ist auch der zeitliche Aufwand der Kontrollen im Nachgang insgesamt.
Zu 7.
Eine gesonderte Übersicht oder Statistik hierzu wird durch die untere Naturschutzbehörde nicht geführt. Die Vorgänge zum Artenschutz sind u.a. im Produkt Artenschutzvollzug und Mitwirkung in förmlichen und nicht förmlichen Verfahren enthalten. Die Produktmengen der letzten fünf Jahre:
Jahr | 62717 Artenschutzvollzug | 80924 Stellungnahmen |
2019 | 983 | 312 |
2020 | 1.009 | 257 |
2021 | 1.466 | 272 |
2022 | 1.117 | 154 |
2023 | 1.445 | 136 |
Bei der Aufstellung ist zu beachten, dass darin sämtliche Vorgänge den Artenschutz betreffende erfasst sind - also auch jene, die außerhalb von baurechtlichen Genehmigungsverfahren geführt werden (z. B Handelsartenschutz, Abrissmaßnahmen, etc.). Eine Durchsicht aller Vorgänge und Auswertung hinsichtlich der Fragestellung ist nicht möglich.
Zuständig für die artenschutzrechtlichen Ausnahmeverfahren ist die oberste Naturschutzbehörde der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klima- und Umweltschutz. Sie beteiligt in diesem Zusammenhang auch die anerkannten Naturschutzverbände.