Zählgemeinschaft spricht Bezirksamt das Misstrauen aus

Linksfraktion in der BVV

Bericht zur BVV vom 19. November 2009

Bericht zur BVV 

 

Einiges wiederholt sich bei der Aufstellung der Doppelhaushalte alle zwei Jahre. Erst einmal unternimmt die Senatsverwaltung für Finanzen eine größtmögliche Provokation, die dann in Nachverhandlungen deutlich, aber nicht hinreichend, abgemildert wird. Durch die im Frühjahr erfolgte Zumessung sahen sich die Bezirke insgesamt um 142 Millionen Euro betrogen. Nach einem Beschluss des Abgeordnetenhauses gestand das Land den Bezirken weitere 90 Millionen zu. Auch in diesem Jahr schreibt der Senat den Bezirken in einigen Bereichen vor, wie viel Geld sie für bestimmte Bereiche auszugeben haben. Auch wenn Mindestveranschlagungen für die Instandhaltung von Gebäuden oder die Ausstattung von Schulen auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen mögen, schwächen sie im Ergebnis doch die Eigenverantwortlichkeit und nehmen den Bezirken politische Handlungsspielräume.


Ein anderes Problem sind sogenannte Normierungen. Alles das, was ein Bezirksamt so Tag für Tag treibt, ist in Produkte aufgeteilt. In allen zwölf Bezirken wird errechnet, wie teuer die Erbringung eines Produktes ist Daraus wird dann der Mittelwert gebildet. Dieser Wert wird allen Bezirken zur Erbringung der Aufgabe zugewiesen. So kostete eine Entleihung eines Buches in einer Bibliothek in Treptow-Köpenick im letzten Jahr 1,66 Euro – soviel wie in keinem anderen Bezirk. Der Berliner Mittelwert lag bei 1,16 Euro. Da dem Bezirk aber nur dieser Mittelwert multipliziert mit der Anzahl der erwarteten Ausleihungen zugewiesen wird, besteht hier Handlungsbedarf. Der Bezirk muss also die Kosten senken und möglichst die Anzahl der Ausleihen steigern. Wenn der Senat weniger als den Mittelwert zuweist, nennt man das Normierung.


All dies - Unterausstattung, Mindestveranschlagungen und Normierungen haben in den vergangenen Jahren alle Bezirksverordneten unisono kritisiert. In diesem Jahr stimmen SPD, CDU und FDP, die neuerdings wieder als Zählgemeinschaft auftreten, in das Konzert derer ein, die die Bezirke für überausgestattet und ineffizient halten. So setzten sie im Haushalt umfangreiche Sperren bei Ausgaben für Verwaltung und Zuweisungen durch, wenn diese über denen von 2008 liegen. Eine Freigabe kann durch den Haushaltsausschuss erfolgen. Pikanterweise gehören zu den gesperrten Titeln auch die Hilfen zur Erziehung, also Maßnahmen für Kinder in schwierigen Lebenssituationen. Eine Erhöhung der entsprechenden Mittel hatten die Bezirke in diesem Jahr schwer erkämpft. Hier dem Bezirksamt zu misstrauen, die Mittel wirksam einzusetzen, hat die Linksfraktion als verantwortungslos zurückgewiesen. Diese Sperren sind nicht nur bürokratisch, die Fraktion hält sie für ein politisch ein verheerendes Signal. Deshalb wurde der Haushaltsplan ohne die Stimmen der Linksfraktion beschlossen.


Philipp Wohlfeil

Vorsitzender der Linksfraktion