Sektorale B-Pläne

Treptow-Köpenick

Schriftliche Anfrage Nr. IX/0086 vom 09.03.2022 des Bezirksverordneten
Uwe Doering, Fraktion DIE LINKE

Ich frage das Bezirksamt:
1. Hält das Bezirksamt die Anwendung des neuen §9 Absatz 2d BauGB (sektorale B-Pläne) für
sinnvoll, um bei Neubau auf privaten Flächen bezahlbaren Wohnraum zu erzwingen und damit
den Wohnraumbedarf nach belegungs- und preisgebundenen Wohnungen zur Geltung zu
verhelfen?

2. Welche Vorüberlegungen beziehungsweise Planungen zur Anwendung sektoraler B-Pläne gibt
es bereits, die angesichts der Tatsache, dass das Verfahren zur Aufstellung eines sektoralen
B-Plans bis zum 31.12.2024 eingeleitet sein muss, da die neue Regelung temporär begrenzt ist?

3. Hat das Bezirksamt bereits Flächen qualifiziert, für die ein sektoraler B-Plan sinnvoll wäre?

4. Gibt es bereits Aufstellungsbeschlüsse für sektorale B-Pläne?

5. Hält das Bezirksamt es für sinnvoll, eine stadtplanerische Studie zu dem Thema in Auftrag zu
geben, um Flächen für sektorale B-Pläne zu qualifizieren?

6. Welche Hilfestellung erhält der Bezirk von der zuständigen Senatsverwaltung, um möglichst
zeitnah das neue Instrument anzuwenden?

Hierzu antwortet das Bezirksamt Treptow-Köpenick:
Zu 1.-3.:
Das Bezirksamt hat Erfahrungen in der Aufstellung sektoraler Bebauungspläne im Sinne des § 9
Abs. 2a BauGB zur Steuerung von Einzelhandel. Die folgenden Ausführungen beziehen sich im
Sinne des Fragenden jedoch nur auf sektorale Bebauungspläne im Sinne des § 9 Abs. 2d BauGB:
Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur
Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:Bezirksverordnetenversammlung
Treptow-Köpenick
29. März 2022
Eingang Büro BVV
p. M. an Frakt. + BzV. Doering
am 29.03.222
1. Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2. Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle
Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen
Wohnraumförderung erfüllen, oder
3. Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein
Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum
Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen
Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die
Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.

Diese Liste möglicher Festsetzungen in einem solchen Bebauungsplan ist abschließend.
Darüberhinausgehende Festsetzungen im sektoralen Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung
sind nicht möglich.
Soweit durch die Planung Konflikte auftreten (Bspw. Lärmprobleme oder fehlender Ausgleich von
Eingriffen in Natur und Landschaft) ist der sektorale Bebauungsplan nur anwendbar, wenn diese
Konflikte im Rahmen des späteren Baugenehmigungsverfahrens bewältigt werden können. Hierfür
sind genaue rechtliche Prognosen und Einschätzungen erforderlich. Ergibt sich hieraus, dass zur
Bewältigung von auftretenden Konflikten Festsetzungen notwendig sind, die über den
abschließenden Festsetzungskatalog des § 9 Abs. 2d BauGB hinausgehen, ist die Anwendung des
sektoralen Bebauungsplans ausgeschlossen.
In den faktischen Wohngebieten ist auch ohne einen solchen B-Plan Wohnungsbau möglich und in
gewerblich geprägten Gebieten ist Wohnungsbau nicht Zielsetzung des Bezirksamts. Was mit
einem solchen B-Plan entgegen § 34 BauGB allerdings gesichert werden kann, ist die
Verpflichtung des Eigentümers, auf seinen Flächen nur Gebäude zu errichten, bei denen einzelne
oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen
Wohnraumförderung erfüllen und diese Förderung auch anzunehmen. In den
Nachkriegssiedlungen wird dies nicht erforderlich sein, da diese zumeist in der Hand städtischer
Wohnungsbaugesellschaften oder Wohnungsbaugenossenschaften liegen. Für die
Siedlungsgebiete (Ein- und Zweifamilienhausbebauung) im Bezirk ist die Anwendung des
Instruments ebenfalls nicht sinnvoll. Theoretisch denkbar wäre die Anwendung also für
gründerzeitliche Gebiete, in denen Baulücken bestehen. Hier wäre es Aufgabe des
Bebauungsplanverfahren ortsgenau den starken Eingriff ins Eigentum städtebaulich zu begründen,
da dort in der Regel bereits Baurecht besteht.
Insbesondere die Anwendung des § 9 Absatz 2d Satz 1 Nummer 3 BauGB sollte nur
anlassbezogen erfolgen. Nur bei Kenntnis der plangebenden Stelle über die konkreten
Bauabsichten des Grundstückseigentümers oder der Grundstückseigentümerin erscheint die
Beurteilung der erforderlichen Angemessenheit der Festsetzung möglich. Wegen der
erforderlichen Angemessenheit der Festsetzung wird im Regelfall eine Nutzungsmaßerhöhung
nach § 9 Absatz 2d Satz 2 BauGB notwendig sein. Ebenso sollte geprüft werden, ob die
Festsetzung nur auf einen bestimmten Teil der Flächen im Geltungsbereich des Bebauungsplans
beschränkt werden. Nur wenn die Angemessenheit durch die plangebende Stelle nachgewiesen
werden kann, kann eine gerechte Abwägung nach § 1 Absatz 7 BauGB gewährleistet werden.
Andernfalls ist mit Normenkontrollverfahren oder Entschädigungen des Grundstückseigentümers
oder der Grundstückseigentümerin zu rechnen.3
Vor dem Hintergrund des Aufwands einer gerichtsfesten Argumentation in Verbindung mit der
derzeitigen Personalsituation etc. wird der Einsatz dieses Instruments derzeit im
Stadtentwicklungsamt Treptow-Köpenick nicht avisiert.

Zu 4.:
Nein. Die BVV wird über alle Aufstellungsbeschlüsse in Kenntnis gesetzt.

Zu 5.:
Nein.

Zu 6.:
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen steht für eine rechtliche Beratung
zur Verfügung und hat allgemeine Anwendungshinweise an alle Bezirke gesandt.