Haushaltsfragen Abteilung Öffentliche Ordnung

Schriftliche Anfrage

Drucksache Nr. IX/0502 vom 07.08.2023 des Bezirksverordneten Philipp Wohlfeil – DIE LINKE.


Ich frage das Bezirksamt:

1. Welche fünf Haushaltsprodukte im Ordnungsamt sind die, die die größten Defizite erwirtschaften? Wie hoch sind die Defizite? Worin bestehen jeweils die Gründe und welche Maßnahmen wurden ergriffen oder sind vorgesehen, um eine Verbesserung zu erreichen?

2. Sieht der Haushaltsplanentwurf den Wegfall von Leistungen gegenüber dem laufenden Jahr vor?

3. Welche Haushaltsrisiken sieht der Geschäftsbereich?

4. Welche Maßnahmen hatte der Geschäftsbereich angemeldet, die keine Berücksichtigung gefunden haben?

 

Hierzu antwortet das Bezirksamt Treptow-Köpenick:

Zu 1.
Die Produkte, die im Ordnungsamt (OA) die höchsten Defizite bezogen auf das Produktsummenbudget erwirtschaftet haben sind das Produkt 80550
„Gewerbebescheinigungen“, das Produkt 80553 „Ordnungsaufgaben und Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten“, das Produkt 80949 „Anliegenmanagement der Ordnungsämter“, das Produkt 80492 „Maßnahmen der Lebensmittelüberwachung“ und das Produkt 65015 „Gewerbe-und sonstige Eingriffe / Belastende Verwaltungsverfahren“.
Die Defizite belaufen sich auf rd. 193 T€ bei 80550, rd. 68 T€ bei 80553, rd. 55 T€ bei 80949, rd. 44 T€ bei 80492 und rd. 40 T€ bei 65015.
Die Gründe zum Defizit beim Produkt 80949 liegen u. a. darin, dass sich der Anspruch bei der Bearbeitung eingehender Meldungen nicht nur nach der Quantität richtet, sondern auch an eine sehr gute Qualität orientiert. Die Dienstkräfte, die hiermit betraut sind, leisten an dieser Stelle eine
qualitativ hochwertige Arbeit. Zum Arbeitsvorgang gehören u. a. folgende Arbeitsschritte:
- Beratung zu Fragen bezüglich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum (u.a. Lärm nach LImSchG)
- bei Nichtzuständigkeit von eingehenden Meldungen erfolgt die Abgabe des Anliegens unter Einhaltung der Frist an zuständige Behörden/Dritte etc. sowie ggf. eine Information zum Bearbeitungsstand bzw. zur weiteren Vorgehensweise beim Fachamt an den Meldenden
- bei Zuständigkeit: Übernahme der Meldung/ Anzeigenerstattung und Beurteilung, ob eine Gefahrenabwehr-Maßnahme eingeleitet wird (Erkennen und Prüfung von Gefahrenlagen in allen Abstufungen im öffentlichen Raum und ermessensfehlerfreie Veranlassung von ersten gefahrenabwehrenden Maßnahmen z.B. durch Beauftragung der BSR, des AOD, des SGA, etc.)
- Eigenverantwortliche Beantwortung oder Zwischenmitteilung zum Bearbeitungsstand/ zur weiteren Vorgehensweise an den Meldenden und Entscheidung über die Veröffentlichung im Online-Portal unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Vorschriften
- nach erfolgter Beurteilung des Sachverhaltes/ der Anzeigenerstattung selbstständiges veranlassen der notwendigen Maßnahmen
- eigenständige Beantwortung der Frage-/ Problemstellung ggf. unter Aufzeigen von Abhilfemaßnahmen an den Meldenden
- Recherchearbeiten (bspw. Halteranfragen, Geodatenbasis Online)
- Einholen fehlender Angaben/ Erkenntnisse (bspw. für eine fundierte Anzeigenerstattung)
- Abfordern erforderlicher Stellungnahmen von beteiligten Fachämtern/ Bereichen des Ordnungsamtes mit Fristsetzung
- einschließlich Terminkontrolle und ggf. erforderlicher Erinnerungen an betreffendes Fachamt und Zwischenstandsmitteilungen an Meldende
- Koordination der resultierenden Aufträge an den Allgemeinen Ordnungsdienst (AOD) mit Terminvorgabe und Wiedervorlage
- Überwachung der Stellungnahmen und Ergebnisse über erfolgte Feststellungen des Außendienstes
- Prüfung der Rückläufe/ Ergebnisse auf Plausibilität und Verständnis des Sachverhaltes, ggf. Rückfrage beim Zuarbeitenden sowie ggf. Einfordern von Änderungen bzw. Ergänzungen
- Abgabe fundierter Anzeigenerstattungen an zuständige Bereiche im OA
- selbstständige Beantwortung an Meldende, unter Berücksichtigung der Ergebnisse zu erfolgten Feststellungen
- Erteilen von Rückmeldungen über weitere Vorgehensweise/ Bearbeitungsstand beim zuständigen Fach Amt an den Meldenden
Ferner wurde der Bereich im Jahr 2023 durch zwei neue Dienstkräfte (DK) verstärkt, die eine gewisse Einarbeitungszeit benötigten. Auch längere Ausfallzeiten einzelner DK waren zu verzeichnen.
Bei der Bearbeitung eingehender Meldungen, die dem Produkt 80492 „Anliegen Lebensmittelüberwachung“ zugeordnet werden, geht es ebenfalls nicht nur um reine Quantität, sondern insbesondere auch, um eine sehr gute Qualität. Außerdem ist zu bedenken, dass der Aufwand je Fall stark variiert, aufgrund der Größe der Betriebe oder des Ausmaßes des Vorfalls (Beschwerde, EU-Schnellwarnung, wo z.B. mehrere Betriebe gleichzeitig betroffen sein können).
Die DK, die hiermit betraut sind, leisten an dieser Stelle eine qualitativ hochwertige Arbeit. Für zahlreiche Tätigkeiten in der Lebensmittelüberwachung werden keine Pflichtgebühren gegenüber den Lebensmittelunternehmen erhoben. Gebühren werden nur bei Kontrollen auf Anforderung der Betriebe, durch bei den Kontrollen auftretenden Mängel/ Feststellungen und damit erforderlichen Nachkontrollen und berechtigten Beschwerdekontrollen für den
Lebensmittelunternehmer fällig.
Der überwiegende Anteil der Tätigkeiten in der Lebensmittelüberwachung, wie routinemäßige Plankontrollen (1.940 Kontrollen), Bearbeitung der Schnellwarnungen/ Rückrufe (203 Rückrufe/Schnellwarnungen und damit 445 in Zusammenhang stehende Betriebskontrollen), sind nicht gebührenpflichtig. Darüber hinaus handelt es sich beim Überwachungsbezirk Treptow-Köpenick um einen Flächenbezirk mit entsprechend langen Anfahrtszeiten, sodass im Vergleich zu dicht besiedelten Bezirken in Stadtzentrumsnähe weniger (gebührenpflichtige) Kontrollen pro
Kontrolleur/-in und Arbeitstag zu realisieren sind.
Die Ausgaben im Bereich der Lebensmittelüberwachung sind durch den Fachbereich nur marginal zu beeinflussen. Das notwendige Kontrollpersonal, um die rechtlich vorgeschriebenen Kontrollen vollumfänglich durchzuführen, steht dem Fachbereich schon jetzt nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung. Eine Reduktion des Personals und der damit entstehenden Kosten ist nicht möglich. Die Verbrauchsmaterialien für die Betriebskontrollen und Probenahmen werden zentral nach Vorgaben des gesetzlich vorgeschriebenen Qualitätsmanagementsystems bedarfsgerecht beschafft. Eine Reduktion der laufenden Kosten ist dezentral nicht möglich.
Ferner fehlen im Bereich seit 2022 zwei Verwaltungskräfte, wo die Nachbesetzung sehr viel Zeit in Anspruch nimmt und bis jetzt noch nicht gewährleistet ist. Die Arbeit der zwei Verwaltungskräfte können nur bedingt von anderen Mitarbeiter/innen übernommen werden, so dass hier ein großes Defizit vorhanden ist.
Des Weiteren wurde der Bereich im Jahr 2023 durch zwei neue Dienstkräfte (Lebensmittelkontrolleur-Anwärter, Tierarzt) verstärkt, die eine gewisse Einarbeitungszeit benötigten.
Auf die Produktmengen Ordnungswidrigkeitenverfahren 80553 und belastende Verwaltungsakte 6015 haben gleich mehrere unkontrollierbare Faktoren Einfluss:
- Anwesenheitsquote der Mitarbeitenden des AOD (Fallzahlen für die Ordnungswidrigkeitensachbearbeitung)
- Anwesenheitsquote der Mitarbeitenden für Ordnungsangelegenheiten
- Anzahl der festgestellten Verstöße

Kontrollierbar ist die Qualität der Arbeit in unserem Bezirk, einmal bei den Kontrollen, die der Erforschung der Sachverhalte und dem Sammeln von Beweismitteln dienen, und bei der Art und Weise der Verfahrensführung, die auf den Abschluss der Verfahren in unserer Behörde ausgerichtet ist, und damit die Gerichte entlastet. Dafür haben wir Sachbearbeiter/innen mit besonderen Kontrollfunktionen eingestellt, die an diesen Produkten beteiligt sind. Außerdem haben wir bereits auf die neue strategische Ausrichtung der Gewerbeüberwachung reagiert, denn den Kosten für diese Produkte stehen nicht nur Einnahmen, sondern auch politische Ziele gegenüber. Die Mitarbeitenden, die auf diese Produkte buchen, nehmen aktuell zusätzliche Aufgaben in Projekten verschiedener Senatsverwaltungen (SenWEB, SenInnDS, SenJust) wahr, die sich dem Ziel der Neuordnung der Gewerbeüberwachung, der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Zukunft der Ordnungsämter widmen.
Hier wurde die dringende Fortschreibung der Produkte von quantitativen Merkmalen hin zu qualitativ und ergebnisorientierten Produkten bereits angemahnt. Auch in dieser Arbeitsgruppe befinden sich derzeit noch neue Mitarbeitende in der Einarbeitungsphase. Eine Personaleinsparung in diesem Bereich würde dazu führen, dass komplexe Verfahren, die im Rahmen der Gewerbeüberwachung notwendig sind, um illegal arbeitenden Betrieben die
monetären Mittel zu verknappen, nicht mehr geführt werden könnten.
Auf die Anzahl der in der Gewerbebehörde eingehenden Gewerbemeldungen (Produkt 80550)hat diese selbst keinen Einfluss. Die Abweichungen in den Produktmengen sind daher unkontrollierbar. Hinzukommt, dass sich die Rahmenbedingungen geändert haben; die für dieses Produkt vorgesehenen Gebühren sind in mindestens 50% aller Vorgänge nicht auskömmlich: Für die elektronischen Gewerbeanzeigen wurden die Gebühren gesenkt, da diese mit einem verminderten Verwaltungsaufwand einhergehen sollten. Jedoch ist das Gegenteil der Fall, der künftige Gewerbetreibende ist häufig nicht in der Lage, die Online-Gewerbeanzeige korrekt auszufüllen, was zwangsläufig zu Nachfragen der Sachbearbeitenden führt und den Verwaltungsaufwand erhöht. Außerdem ist der Krankenstand in dieser Arbeitsgruppe erhöht, sowie die Einarbeitung einer neuen Mitarbeiterin aufgrund eines Altersabgangs zu gewährleisten.

Zu 2.
In Abhängigkeit des Erhalts eines stabilen Personalbestands sowie mit Fortsetzung des Personalaufwuchses im Ordnungsamt - wobei der Personalkostenhaushalt eigentlich keinen Spielraum mehr zulässt - wird an einer Leistungserbringung analog dem laufenden Haushaltsjahr festgehalten.

Zu 3.
Aus Sicht des Ordnungsamtes ist der Personalkostenhaushalt in 2024/2025 bei Besetzung aller Planstellen nicht auskömmlich.

Zu 4.
Beim Titel 42201 „Bezüge planmäßigen Beamte/innen“ besteht ein Mehrbedarf zur Besetzung von Beamt/innen auf Probe in den Aufgaben Gewerbesachbearbeitung, Sachbearbeitungbelastende Verwaltungsakte und Ordnungswidrigkeiten sowie eines Amtlichen Tierarztes/Tierärztin, mit planmäßiger Beförderung im Haushalt 2024/2025. Der zum Teil bereits vollzogene Personalaufwuchs im Fachbereich Veterinär- und Lebensmittelaufsicht in 2023 mit einem Amtlichen Tierarzt/einer Amtlichen Tierärztin und einem Lebensmittelkontrolleur/einer Lebensmittelkontrolleurin zieht ebenfalls einen Mehrbedarf beim Titel 42201 nach sich. Darüber hinaus sollte das Ordnungsamt Treptow-Köpenick mit der Einrichtung zwei weiterer Fachbereichsleitungen strukturell den anderen Berliner Ordnungsämtern angeglichen werden.
Auch beim Titel 42801 besteht ein Mehrbedarf zur Fortsetzung des Personalaufwuchses gem. BA-Beschluss 473/20 und 472/20. Mit den Einstellungen (24 MA=1,5 Mio. €) wurde in 2021 begonnen. Diese sind aber noch nicht abgeschlossen und die bisher aufgelaufenen Personalausgaben auch noch nicht (über Mengen) in den Plafond eingewachsen.
Infolge steter Nachbesetzungsverfahren im Bereich Gewerbe- und Ordnungswidrigkeiten und dem Fachbereich Veterinär- und Lebensmittelaufsicht und in Abhängigkeit des Erhalts eines stabilen Personalbestands, wäre eine Ansatzerhöhung beim Titel 42801 „Entgelte der planmäßigen Tarifbeschäftigten“ zielführend.
Weiterhin sind in 2022 einige Tarifbeschäftigte aus den Arbeitsgruppen Allgemeiner Ordnungsdienst, Stabsbereich und Zentrale Anlauf- und Beratungsstelle aus der Lohnfortzahlung gefallen. Eine Wiedereingliederung findet teilweise bereits in 2023 statt. Bei Wiedereingliederung aller übrigen Dienstkräfte fallen im Haushalt 2024/2025 diese Personalkosten als Mehrbedarfe gegenüber den Istkosten aus 2022 an.

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