Nachfrage SchA IX/0559 Durchsetzung Masernimpfschutz

Schriftliche Anfrage

Drucksache Nr. IX/0589 vom 16.10.2023 des Bezirksverordneten Philipp Wohlfeil – DIE LINKE.


Ich frage das Bezirksamt:

1. In Frage 5 war nach nicht mehr schulpflichtigen Schülerinnen und Schülern gefragt: Wurden nicht oder nicht hinreichend geimpfte, NICHT mehr schulpflichtige Schülerinnen und Schüler vom Unterricht ausgeschlossen oder welche anderen Maßnahmen wurden in solchen Fällen ergriffen?

2. Stimmt mir das Bezirksamt zu, dass der Ausschluss vom Unterricht von nicht mehr schulpflichtigen ungeimpften Schülerinnen und Schülern, soweit keine Bestätigung über eine medizinische Kontraindikation vorgelegt wurde, die vom Masernschutzgesetz vorgesehene Rechtsfolge ist?

3. Wie verschafft das Bezirksamt der bestehenden Rechtslage Geltung?

4. Weshalb ist es unverhältnismäßig, zumal wenn sich sowohl die Rechtsfolge unterscheidet, als auch nur noch von ca. 30 ungeimpften Schülerinnen und Schülern auszugehen ist, diese in schulpflichtig und nicht schulpflichtig zu unterteilen?

 

Hierzu antwortet das Bezirksamt Treptow-Köpenick:

Zu 1.

Bisher mussten wir keine:n der uns gemeldeten nicht mehr schulpflichtigen Schüler:innen vom Unterricht ausschließen. Ob dies noch erforderlich sein wird kann aktuell nich abschließend prognostieziert werden, da verschiedene Fälle noch anhängig sind bzw. sich in Bearbeitung befinden. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu beachten, dass in § 20 Abs. 10 Infektionsschutzgesetz (IfSG) für die hier gegenständlichen Fälle eine Übergangsfrist für die Vorlage des Impfnachweises bis zum 31.07.2022 vorgesehen war. Im Anschluss an diese Frist hat das Gesundheitsamt basierend auf Abs. 12 der zitierten Vorschrift die entsprechenden Verwaltungsverfahren (erneute Aufforderung zur Vorlage der Impfnachweise bzw. Durchführung der Impfung unter Fristsetzung, Anhörung etc.) durchgeführt. Im Vorfeld dieser Verfahren war auf Grund der Komplexität und der Neuartigkeit der Regelungen eine umfassende Abstimmung mit dem Rechtsamt erforderlich. Im Laufe der Verwaltungsverfahren und der in diesem Zusammenhang geführten Gespräche wurden in vielen Fällen Impfnachweise nachgereicht oder aber es konnte erreicht werden, dass die Imfpungen nachgeholt wurden; dies ist angesichts der Zielsetzung  einen möglichst flächendeckenden Impfschutz zu erreichen besonders erfreulich. In fünf Fällen sind die Betroffenen gegen die vom Gesundheitsamt erlassenen Bescheide gerichtlich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorgegangen. Ob in einem oder mehreren Fällen ein Schul-Betretungsverbot ausgesprochen werden muss, kann aktuell angesichts der noch ausstehenden Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts in der zweiten Instanz noch nicht abschließend prognostiziert werden.

Zu 2.

Der Wortlaut der einschlägigen Regelung lautet "[...] Das Gesundheitsamt kann einer Person, die trotz der Anforderung nach Satz 1 keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt oder der Anordnung einer ärztlichen Untersuchung nach Satz 2 nicht Folge leistet, untersagen, dass sie die dem Betrieb einer in Absatz 8 Satz 1 genannten Einrichtung dienenden Räume betritt oder in einer sochen Einrichtung tätig wird. Einer Person, die einer gesetzlichen Schulpflicht unterliegt, kann in Abweichung von Satz 4 nicht untersagt werden, die dem Betrieb einer Einrichtung nach § 33 Nummer 3 dienenden Räume betreten." Das Gesetz enthält also keine eindeutige Formulierung die besagt, dass ein Ausschluss vom Unterricht bei nicht mehr schulpflichtigen Schülerinnen und Schülern möglich ist. Auch nach der Auffassung des Gesundheitsamts ist die zitierte Formulierung jedoch so auszulegen, dass ein Betretungsverbot bei Personen möglich ist die der gesetzlichen Schulpflicht eben nicht mehr unterliegen. Gerichtlich bestätigt ist dies jedoch aktuell noch nicht. Wie in allen Fällen des hoheitlichen Handelns ist darüber hinaus eine Ermessens- bzw. Verhältnismäßigkeitsprüfung in jedem Einzelfall vorzunehmen; es ist nicht wahrscheinlich aber auch nicht auszuschließen, dass im Einzelfall (aus der Sicht der Gerichte) ein milderes Mittel für die Durchsetzung der geforderten Handlung (Nachweis der Impfung) vorhanden ist (z.B Festsetzung eines Zwangsgeldes).

Zu 3.

Alle gemeldeten Fälle werden bearbeitet; die Sorgeberechtigten oder die Schüler:innen werrden unter Fristsetzung aufgefordert den Impfnachweis zu erbringen. In nahezu allen Fällen erfolgen persönliche Rücksprachen mit den Betroffenen, zum Teil werden -sofern dies erforderlich ist- Impfungen vor Ort im Gesundheitsamt angeboten. Das Gesundheitsamt bedient sich darüber hinaus aller Rahmen des Verwaltungshandeln zur Verfügung stehenden Rechtsmittel (z.B. Bußgeld, Zwangsgeld); in einm Fall wurde auch ein Betretungsverbot für eine Kita ausgesprochen, dass jedoch der gerichtlichen Überprüfung nicht standhielt. Das oberste Ziel des Gesundheitsamts im Sinne des Infektionsschutzes ist dabei, einen möglichst umfassender Impfschutz an allen Einrichtungen zu erreichen.

Zu 4.

Dem Gesundheitsamt werden von den Schulen lediglich Namen und Geburtsdaten der betroffenen Schülerinnen und Schüler gemeldet. Die allgemeine Schulpflicht in Berlin dauert gemäß § 42 Abs. 4 Satz1 Schulgesetz zehn Schulbesuchsjahre. Die Schulpflicht endet somit nicht nach Erreichen einer bestimmten Jahrgangsstufe, sondern nach der individuell in der Schule verbrachten Zeit. Es kann also vorkommen, dass Schülerinnen oder Schüler die z.B. zweimal eine Klassenstufe wiederholen mussten, die Schulpflicht bereits nach den achten Klasse erfüllt haben. Damit muss also in jedem Eizelfall recherchiert werden, ob die Schulpflicht erfüllt ist oder nicht. Da ein eventuelles Schul-Betretungsverbot erst ganz am Ende des Verwaltungsverfahrens in Betracht kommt und dieser Punkt bisher noch im keinem Fall erreicht ist (s. Antwort zu Frage 1) hat das Gesundheitsamt diese Daten unter Effizienzgesichtspunkten bisher noch nicht flächendeckend erhoben.

 

 

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