Nachverhandlungen sind erforderlich - LINKE Fraktionsvorsitzender Philipp Wohlfeil zum Haushaltsentwurf

Aus dem Rathaus

Foto: Kinder, Jugendliche, Eltern und Beschäftigte im Jugendbereich demonstrierten während der Sitzung der Bezirksverordnetenver-
sammlung vor dem Rathaus Treptow gegen eine mögliche Kürzung der Gelder im Jugendbereich. Für den Begleitantrag zum Haushalt
von SPD, DIE LINKE und B‘90Grüne konnte ein Kompromiss mit der CDU gefunden werden. Darin werden die Mittel für den Jugend-
bereich erhalten.


Berlin steht vor der dringenden Aufgabe, seiner sozialen Verantwortung gerecht zu werden und seine Funktionsfähigkeit zu erhalten. Dies erfordert unbedingt starke Bezirke. Trotz zahlreicher Versprechungen der schwarz-roten Koalition ist die Realität der aktuellen Haushaltsberatungen in den Bezirken ernüchternd: Die finanziellen Ressourcen für die Jahre 2024 und 2025 sind nicht ausreichend, um die bisherigen Leistungen aufrechtzuerhalten, geschweige denn, um den stetig wachsenden Bedarf im Zuzugsbezirk Treptow-Köpenick zu decken. Die zusätzlichen 100 Millionen Euro, die aufgrund des massiven Drucks aus den Bezirken und dem Abgeordnetenhaus erkämpft wurden, sind vielleicht nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber es ist viel zu wenig. Tatsächlich hatten die Bezirke mindestens 250 Millionen Euro pro Jahr gefordert, um ihre Aufgaben in angemessener Qualität für die Bürger:innen erfüllen zu können. Welche Auswirkungen hat dies konkret für die Bezirke? Etwa 80 % der Mittel sind bereits zweckgebunden, darunter Lehr- und Lernmittel, Wohngeld, Grundsicherung, Unterstützung in besonderen Lebenssituationen, familienunterstützende Maßnahmen, Kinderbetreuung oder Schulbauunterhaltung. Nur ein kleiner Teil der Haushaltsmittel liegt überhaupt im Ermessen der Bezirke selbst.

Auch Treptow-Köpenick ist gezwungen, Pauschale Minderausgaben (PMA) in den Haushaltsplan aufzunehmen. Dies verschafft vorübergehend etwas Spielraum, doch letztendlich müssen diese Beträge im Laufe des Haushaltsjahres irgendwo eingespart werden. Fehlt es an zusätzlichen Finanzmitteln, führt dies faktisch zu Kürzungen bei freiwilligen sozialen Leistungen, bei Kiezkassen, bei Sondermitteln oder bei Kultur. Und noch besorgniserregender ist, dass Neueinstellungen von Personal verschoben werden könnten, was zu einer massiven Überlastung der Mitarbeiter:innen führen würde.

Wichtige Initiativen wie das „Netzwerk der Wärme“ oder der Integrationsfonds wurden durch den Senat gestrichen oder drastisch gekürzt. Und auch der Bund will bei Projekten kürzen. Aus diesem Grund fordert DIE LINKE eine angemessene Finanzierung für die Bezirke. Es darf keine Kürzungen bei den sozialen Leistungen und keinen Rückschritt in Bezug auf die Infrastruktur geben. Es ist dringend erforderlich, im Rahmen der Haushaltsberatungen im Abgeordnetenhaus nachzuverhandeln.

Gerade soziale Angebote und Dienstleistungen der Verwaltung vor Ort müssen in hoher Qualität und entsprechend den tatsächlichen Bedürfnissen finanziert werden. Tarifanpassungen und inflationsbedingte Mehrkosten müssen in realistischer Höhe berücksichtigt werden. Eine zügige Besetzung offener Stellen ist unerlässlich. Wir erwarten, dass geplante Investitionen, also insbesondere Schulbaumaßnahmen, ohne zeitliche Verzögerung umgesetzt werden. Die Absenkung der Sachausgaben für die Schulen ist ein krasser Einschnitt, den die Koalition verordnet. In Treptow-Köpenick wird dies wohl eine Reduzierung um ein Drittel pro Schulplatz bedeuten, die genauen Zahlen liegen noch nicht vor. Eines liegt aber auf der Hand, eine erfolgversprechende Bewerbung um mehr Lehrkräfte und gute Bildung für alle vertragen sich nicht mit schlechter Ausstattung und uraltem Mobiliar. Schwerpunkte, die vermutlich nicht nur meiner Fraktion am Herzen liegen, sind Verbesserungen bei der Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit, damit Tarifanpassungen nicht in Stundenreduzierungen erfolgen.

Insgesamt kann ich alle verstehen, die nur mit Bauchschmerzen diesem Haushalt zustimmen können. Und wir müssen auch klar festhalten, das Beste für Berlin, sieht ganz gewiss anders aus. Aber die Fassung der Beschlussemp­fehlung des Haushaltsausschusses ist ­vertretbar im Rahmen der Spielregeln, die uns Senat und Abgeordnetenhaus geben.

Kinder, Jugendliche, Eltern und Beschäftigte im Jugendbereich demonstrierten während der Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung vor dem Rathaus Treptow gegen eine mögliche Kürzung der Gelder im Jugendbereich. Für den Begleitantrag zum Haushalt von SPD, DIE LINKE und B‘90Grüne konnte ein Kompromiss mit der CDU gefunden werden. Darin werden die Mittel für den Jugendbereich erhalten.

Philipp Wohlfeil


Dieser Artikel stammt aus Aus dem Rathaus vom Oktober 2023.  Die Zeitungen des Bezirksvorstandes und der Fraktion können hier runtergeladen werden. Beide Zeitungen gibt es auch als kostenloses Abo.