Aus für Ärztehaus - Ärzteversorgung im Plänterwald gefährdet

Aus dem Rathaus

Bild: Auf einer Veranstaltung der Fraktion Die Linke in der BVV wurde über Lösungen diskutiert.


Die ärztliche Versorgung im Plänterwald steht vor un­si­cheren Zeiten, da ein In­vestor ein Ärztehaus im Dammweg erworben und eine weitere Vermietung abgelehnt hat. Eine weitere Arztpraxis und eine Apotheke in der Galileistraße stehen vor dem Aus. Bewohnerinnen und Bewohner sind zurecht besorgt über die Zukunft ihrer Gesund­heitsversorgung.

Auf einer Veranstaltung der Fraktion DIE LINKE in der BVV wurde nun über Lösungen diskutiert. Carolin Weingart, Bezirksstadträtin für Soziales und Gesundheit (DIE LINKE), berichtete von ihrem Einsatz, das Gebäude als Ärztehaus zu erhalten. „Ich habe Kontakt zu dem Investor aufgenommen und gefragt, ob es möglich ist, das Gebäude weiter als Ärztehaus zu betreiben. Inzwischen hat er erklärt, er möchte dort Wohnungen bauen und gegebenenfalls im Erdgeschoss eine Arztpraxis einplanen. Ob sich Ärzt:innen die Mietpreise leisten können, ist fraglich. Ich finde das nicht gut, aber der Eigentümer darf leider mit seinem Grundstück machen, was er will.“, so Weingart. Dennoch wird für die Standorte am Dammweg und an der Gallileistraße derzeit geprüft, ob dort Ärzt:innen durch die Kassenärztliche Vereinigung angestellt werden können. „Ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass wir für Plänterwald eine Lösung finden“, verspricht die Bezirksstadträtin weiter. Auch die direkt gewählte Abgeordnete in Plänterwald, Katalin Gennburg (LINKE), kündigte an, sich in die Bemühungen um Räume einzuschalten.

Die rechtlichen Gegebenheiten im Gewerbebereich verschärfen die Situation, wie Tobias Schulze, Experte für Gesundheitspolitik der Fraktion DIE LINKE im Abgeordnetenhaus, betonte: „Eine Arztpraxis zählt als normaler Gewerbebetrieb. Wir haben in Deutschland keinerlei Gewerbemieterschutz. Das ist ein Riesenproblem. Wenn ein Vermieter entscheidet, die Arztpraxis fliegt raus, weil jemand anderes mehr Miete zahlt, dann fliegt die Arztpraxis raus, und die Praxis kann nichts dagegen tun. Als Linke fordern wir schon lange eine Deckelung der Gewerbemieten. Das betrifft beispielsweise Ärzt:innen, Kitas oder kleine Geschäfte – und die Bundesregierung schaut tatenlos zu.“

Schulze sieht eine strukturelle Herausforderung in der Allein­in­haberschaft von Arztpraxen. „Wir stoßen mit dem Modell der Alleininhaberschaft von Arztpraxen an Grenzen. Das ist nur noch dort lukrativ, wo es mehr Geld zu verdienen gibt als ein Oberarzt an einer Klinik. Wir brauchen also neue kollektive Strukturen. Versorgungszentren, Polikliniken und Gemeinschaftspraxen sind hier die Lösung. Dort, wo neue Wohnungen gebaut werden, müssen Räume für solche Strukturen mitgeplant werden. Das muss schnell gehen – und dafür setzen wir uns ein.“

Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin betonte, dass die ärztliche Versorgung pro Bevölkerung rein rechnerisch angewachsen sei. Dennoch gestand sie ein, dass Ärzte nicht gezwungen werden könnten, sich anzusiedeln. Der Bezirk müsse werben und sich attraktiv präsentieren. „Wir fördern die Niederlassung von Ärzten, das wirkt, ist aber noch nicht das, was wir erreichen wollen“, erklärte Dr. Burkhardt Ruppert, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Berlins. Besonders betroffen von dem Mangel an Ärzt:innen sind Treptow-Köpenick, Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg. Überversorgt sind hingegen Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg. Laut Tobias Schulze gebe es verschiedene Erklärungen dafür, dass die Versorgung trotz des scheinbaren Anstiegs schlechter sei. „Abrechnungsdetails verschlech­tern die Versorgung und hohe fachliche Kompetenzen der Ärzt:innen sorgen dafür, dass aus Brandenburg und anderen Bundesländern Patientinnen und Patienten nach Berlin kommen.“

In der Diskussion wurden viele Probleme in der aktuellen Struktur des Gesundheitswesens deutlich. In Treptow-Köpenick nahm Carolin Weingart ihr Amt als Bezirksstadträtin in einer ­besonders schwierigen Situation auf: Der frühere Bezirksstadtrat Bernd Geschanowski (AfD) hatte die Ärzt:in­nenversorgung fünf Jahre lang an die Wirtschaftsverwaltung geschoben und Lösungsvorschläge der Bezirksverordnetenversammlung abgelehnt. Die Einrichtung einer Kontaktbörse zur Absicherung der haus- und fachärztlichen Versorgung in Treptow-Köpenick lehnte er wiederholt als „nicht geeignet“ ab.


Dieser Artikel stammt aus dem blättchen vom Dezember 2023.  Die Zeitungen des Bezirksvorstandes und der Fraktion können hier runtergeladen werden. Beide Zeitungen gibt es auch als kostenloses Abo.