Mietverträge statt Nutzungsvereinbarungen

Schriftliche Anfrage VIII/0714

  1. Welches sind die "neuen Regelungen“, auf deren Grundlage die bisherige Nutzungsvereinbarung mit dem Müggelheimer Heimatverein e. V. für den Dorfclub "Alte Schule" durch einen Mietvertrag ersetzt werden soll, und welche Unterschiede gibt es zum bisherigen Verfahren?
  2. Was ist in dem Mietvertrag im Detail anders geregelt als in der bisherigen Nutzungsvereinbarung?
  3. Seit wann ist dem Bezirksamt bekannt, dass das Vertragsverhältnis mit dem Müggelheimer Heimatverein geändert werden muss beziehungsweise soll?
  4. Warum wurde der Mietvertrag, der ab dem 01.01.2019 gelten soll, dem Heimatverein erst kurz vor Weihnachten übermittelt und warum wurde vonseiten des Bezirksamtes nicht rechtzeitig mit dem Heimatverein über die bevorstehende vertragliche Veränderung kommuniziert?
  5. Kann sich das Bezirksamt vorstellen, in welcher angespannten Situation sich eine ehrenamtliche Vereinsvorsitzende befindet, die kurz vor Weihnachten und dem Jahreswechsel einen neuen Vertag erhält, zu dem sie viele Fragen hat, aber aufgrund der Feiertage weder eine Gelegenheit noch eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner für ihren Klärungsbedarf findet?
  6. Trifft es zu, dass weitere Vereine, freie Träger und Einrichtungen von den Vertragsänderungen betroffen sind und, wenn ja, welche und ab wann?

gestellt am 04.01.2019

von Uwe Doering

Das Bezirksamt antwortet am 25.01.2019

Welches sind die "neuen Regelungen“, auf deren Grundlage die bisherige Nutzungsvereinbarung mit dem Müggelheimer Heimatverein e. V. für den Dorfclub "Alte Schule" durch einen Mietvertrag ersetzt werden soll, und welche Unterschiede gibt es zum bisherigen Verfahren?

Bis zum 31.12.2018 existierten zwischen dem Müggelheimer Heimatverein e.V. und dem
Land Berlin sowohl eine Nutzungsvereinbarung mit dem Amt für Weiterbildung und Kultur als auch ein Nutzungsvertrag mit der Serviceeinheit Facility Management als verwaltende Stelle.
Aus beiden wurde nun ein einheitlicher Vertrag mit neuen Regelungen.
Die Serviceeinheit Facility Management ist für die Vertragsgestaltung und -ausführung zuständig und hat daher in Abstimmung mit dem Fachamt Weiterbildung und Kultur den neuen, zwingend notwendigen, rechtssicheren und der aktuellen Rechtsprechung angepassten Vertrag entworfen.
Die wesentliche neue Regelung ist die Ausweisung der kostendeckenden Miete, welche aber vorerst bis zum 31.12.2019 erlassen wird. Im Laufe des ersten Halbjahres 2019 wird durch die zuständigen Stellen im Bezirksamt geprüft und entschieden, ob die Voraussetzung einer Überlassung der Mieträume unter Wert ab dem 01.01.2020 weiter zulässig ist. Der Mieter verpflichtet sich, seinerseits jede Unterstützungsleistung zu erbringen, die erforderlich ist, um eine entsprechende Prüfung vornehmen zu können und abgeforderte Unterlagen vorzulegen.

Der neue Mietvertrag war also von Anfang an so abgefasst, dass der Verein/die Träger bei Fortsetzung seiner/ihrer bisherigen Arbeit erstmal mit keinerlei Miete oder Mieterhöhungen rechnen musste/mussten.

Zusätzlich sollte im selben Zeitraum die Umstellung von der Zahlung der Betriebskostenpauschale auf monatliche Betriebskosten -und Heizkostenvorauszahlung mit entsprechender verbrauchsabhängiger Abrechnung geprüft werden.

Weitere Auszüge aus dem Vertragsentwurf:

"Über 2019 hinaus wird die Entgeltfreiheit/Überlassung unter Wert unter Berücksichtigung der strengen haushaltsrechtlichen Grundsätze des Landes Berlin bei Vorliegen der Voraussetzung jeweils längstens für zwei Jahre gewährt. Innerhalb des letzten Jahres vor Ablauf der Befreiung werden die Voraussetzungen für eine erneute Verlängerung der Entgeltfreiheit/Überlassung unter Wert erneut geprüft.
Sofern die Voraussetzungen einer entgeltfreien Überlassung bzw. einer Überlassung unter Wert nicht mehr vorliegen, ist durch den Mieter der in Absatz 1 vereinbarte Nettokaltmietzins zu entrichten.
Der Vermieter ist berechtigt und verpflichtet, anlassbezogen jederzeit eine Überprüfung der Voraussetzungen für die Überlassung unter Wert/ Entgeltfreiheit vorzunehmen. Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter nach Aufforderung die für die Prüfung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung gilt auch für die turnusmäßige Überprüfung."
Für die Überlassung der Nutzung von Vermögensgegenständen ist die Landeshaushaltsordnung (§ 63 LHO) und die dazu erlassenen Ausführungsvorschriften zu beachten. Nach § 63 Abs. 3, 5 LHO dürfen Vermögensgegenstände nur zu ihrem vollen Wert zur Nutzung überlassen werden. Die entgeltfreie oder verminderte Überlassung landeseigener Grundstücke, Gebäude oder Räume ist zur Vermeidung verdeckter Subventionen grundsätzlich unzulässig.
Ausnahmen sind nur aufgrund haushaltsgesetzlicher Regelungen o.a. Vorschriften zulässig.
Da es im Fall des Müggelheimer Heimatverein e.V. keine gesetzliche Grundlage gibt, die
einen Ausnahmetatbestand darstellt, ist eine regelmäßige Prüfung und Stellungnahme durch das entsprechende Fachamt und eine andere Grundlage, z.B. ein Bezirksamtsbeschluss, erforderlich.

Eine weitere neue Regelung ist die Vereinbarung einer Sicherheit in Form einer Mietkautionszahlung oder Hinterlegung einer Bankbürgschaft im Wert von 2.000,00 €.

Und der Vertragsentwurf aus Dezember 2018 sah zunächst eine Verpflichtung des Nutzers zur Instandhaltung und Instandsetzung mit einer Höchstsumme von 2.500,00 € pro Jahr vor, um die Mieterinnen und Mieter vor nicht kalkulierbaren Kosten zu bewahren.

Der alte Nutzungsvertrag beinhaltete diese konkrete Höchstgrenze bisher nicht, sondern die allgemeine und nicht messbare Formulierung, dass sämtliche Baulichkeiten vom Nutzer in gutem Zustand zu erhalten sind.

Um die offenen Fragen und Änderungswünsche zum Vertragsentwurf kurzfristig zu klären, wurden diese in einer Versammlung am 10.01.2019 gemeinsam mit der Leitung der Abt. WeiSchuKuS, den betroffenen Kulturvereinen und mir im Grundsatz geklärt.

Alle Beteiligten einigten sich an diesem Tag auf folgende, vom Vertragsentwurf teilweise abweichende, Ergebnisse:

Der Abschluss neuer Mietverträge durch das Bezirksamt und die Kultureinrichtungen ist
zwingend notwendig, damit die Arbeit der Kultureinrichtungen fortgeführt werden kann.

Die Einrichtungen nutzen die Liegenschaften bis 31.03.19 zu den Konditionen der zum Jahreswechsel beendeten Verträge weiter. Das Bezirksamt bestätigt den Vereinen dies schriftlich.

Die Einrichtungen bekennen sich dazu, alle Kulturangebote aufrechtzuerhalten.

Probleme hinsichtlich der neuen Vertragsgestaltung, die nur einzelne Einrichtungen und
nicht alle Vereine betreffen, werden bis dahin umgehend zu vereinbarenden Einzelgesprä- chen geklärt.

Als Eckpunkte hinsichtlich der Vertragsinhalte werden klarstellend festgehalten:

a. So lange gemeinnützige Kulturarbeit in den Einrichtungen des Bezirks geleistet wird,
bleibt die Nutzung der Liegenschaften im Ergebnis mietfrei.

b. Die Einrichtungen entrichten eine Betriebskostenpauschale, die sie nicht schlechter
stellt als bisher.

c. Verträge mit Versorgern (z.B. Gas, Strom) werden weiterhin durch das Bezirksamt
geschlossen und verwaltet.

d. Die Obergrenze für Instandhaltungsleistungen entsprechend der Vertragsentwürfe
soll 500 Euro betragen.

e. Die Kaution bleibt Bestandteil der Verträge. Sie wird durch das Amt für Weiterbildung
und Kultur gestellt.

f. Die Einrichtungen unterwerfen sich einer notariellen Zwangsvollstreckungsunterwerfung.

Was ist in dem Mietvertrag im Detail anders geregelt als in der bisherigen Nutzungsvereinbarung?

Bisher wurde als Grundlage für die Überlassung unter Wert der BA-Beschluss 279/04 "Leitlinien für die kommunale Kulturarbeit im Bezirk Treptow-Köpenick" herangezogen. Dieser Beschluss beinhaltet jedoch keine Grundlage für eine Überlassung von Räumlichkeiten des Bezirksamtes unter Wert und ist dringend zu aktualisieren. Diese Problematik wurde auch bei der Rechnungshofprüfung im Herbst 2018 deutlich.
Weitere Ausführungen siehe 1.

Seit wann ist dem Bezirksamt bekannt, dass das Vertragsverhältnis mit dem Müggelheimer Heimatverein geändert werden muss beziehungsweise soll?

Die SE FM und das Amt Weiku vereinbarten im Oktober 2017, die in Rede stehenden Verträge im Jahr 2018 auf den Prüfstand zu stellen mit dem Ziel, zum 01.01.2019 neue Verträge abzuschließen. Die fristgerechte Kündigung der bestehenden Verträge zum 30.09.2018 erfolgte im Rahmen eines Arbeitsgespräches am 20.09.2018 durch den Fachbereich Kultur und Museum.

Warum wurde der Mietvertrag, der ab dem 01.01.2019 gelten soll, dem Heimatverein erst kurz vor Weihnachten übermittelt und warum wurde vonseiten des Bezirksamtes nicht rechtzeitig mit dem Heimatverein über die bevorstehende vertragliche Veränderung kommuniziert?

Die Information des Heimalsvereins erfolgte durch das Amt für Weiterbildung und Kultur,
Fachbereich Kultur und Museum, am Rande eines Veranstaltungsbesuches (Erntedankfest) am 16. September 2018. Hier wurde die Vereinsvorsitzende des Müggelheimer Heimatvereins darauf hingewiesen, dass die bisherigen Mietverträge für alle freien Träger demnächst gekündigt werden. Gleichzeitig wurde auf das Arbeitsgespräch am darauffolgenden 20. September 2018 verwiesen.
Die Information, dass die Mietverträge durch das BA, SE FM, fristgerecht, zum 31.12.2018 gekündigt werden, wurde im Rahmen des turnusmäßigen Arbeitsgespräches am 20.09.2018 vom Fachbereich Kultur und Museum an die freien Träger gegeben. An diesem Arbeitsgespräch konnte keine Vertretung des Müggelheimer Heimalsvereins teilnehmen.
Mit E-Mail vom 20. September 2018 wurde die Vereinsvorsitzende des Müggelheimer Heimalsvereins um einen Terminvorschlag gebeten, um ihr die Informationen aus dem Arbeitsgespräch persönlich mitzuteilen. Die Vereinsvorsitzende konnte erst am 13. Oktober antworten und fragte nach, ob die Kündigung nur "pro forma" zu betrachten sei. Dies wurde mit EMail-AW vom 15. Oktober 2018 bejaht: "Ja, die Kündigung war/ist nur proforma, da es insgesamt für alle neue Verträge geben wird. Es musste die Frist zum 30.9. gewahrt werden. Das wollte ich Ihnen gern persönlich sagen, um die Unruhe rauszunehmen und nicht so per EMail ankündigen."

Zu einem Gesprächstermin kam es in den Folgewochen jedoch aufgrund von Urlaub, Erkrankung und permanenter Arbeitsüberlastung auf Seiten des Fachbereiches Kultur und Museum nicht mehr.
Im Arbeitsgespräch am 29.11.2019 (Protokoll am 29.11.18 per E-Mail versendet) wurde
nochmals über die Thematik der neuen Mietverträge gesprochen. Auch hier konnte der
Müggelheimer Verein nicht vertreten sein, da alle Vorstandsmitglieder berufstätig sind. An diesem 29.11.18 wurde informiert, dass die neuen Mietverträge (Ergebnis Rücksprache Fr. lndetzki mit SE FM vom 26.11.18) Anfang Dezember 2018 zugesendet werden.
Die Information, dass der bestehende Vertrag gekündigt und zum 01.01.19 ein neuer Vertrag abgeschlossen werden soll, ist also rechtzeitig erfolgt.

Kann sich das Bezirksamt vorstellen, in welcher angespannten Situation sich eine ehrenamtliche Vereinsvorsitzende befindet, die kurz vor Weihnachten und dem Jahreswechsel einen neuen Vertag erhält, zu dem sie viele Fragen hat, aber aufgrund der Feiertage weder eine Gelegenheit noch eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner für ihren Klärungsbedarf findet?

Dem Bezirk ist sehr daran gelegen, dass in den Kultureinrichtungen mit unverändert großem Engagement die bisherige Arbeit weitergeführt wird. Es musste aber leider auch feststellt werden, dass augenscheinlich die im letzten Jahr stattgefundene Kommunikation mit den Trägern der Kultureinrichtungen von unserer Seite nicht ausreichend gewesen zu sein scheint. Unser Bedauern haben wir bereits gegenüber dem Verein und den anderen Trägern geäußert.
Im Rahmen eines gemeinsamen - und in unseren Augen sehr konstruktiven - Gespräches
mit den Trägern der Kultureinrichtungen am 10.01.2019 wurden die schwierigen Punkte benannt, besprochen, und es wurde sich auf einen Konsens geeinigt. Ziel soll es nunmehr sein, schnellstmöglich durch den Abschluss von neuen Nutzung-/Mietverträge klare rechtlich saubere Verhältnisse zu schaffen. Der Bezirk hat zudem gegenüber allen Trägern schriftlich bestätigt, dass diese selbstverständlich bis dahin ihre Arbeit in den Räumlichkeiten fortführen kann.

Trifft es zu, dass weitere Vereine, freie Träger und Einrichtungen von den Vertragsänderungen betroffen sind und, wenn ja, welche und ab wann?

Ja, folgende Vereine/Träger haben ebenfalls einen neuen Vertragsentwurf a,b 01.01.2019
erhalten:

  • Ratz Falz e.V., Schnellerstr. 81, 12439 Berlin
  • Alte Möbelfabrik e.V., Karlstraße 12, 12555 Berlin
  • Werkstatt künstlerische Lithographie, Defreggerstr.12, 12435 Berlin
  • Kulturbund Treptow Kulturring in Berlin e.V., Ernststr. 14/16, 12437 Berlin
  • Kulturring in Berlin e.V., Dahmestr, Ernststr. 14-16, 12437 Berlin
  • WeTeK, Ortolfstr. 182/184, 12524 Berlin
  • GsKA mbH Outreach, Ortolfstr. 182/184, 12524 Berlin

Schriftliche Anfrage - SchA VIII/0714