Nachfrage zur Beantwortung der SchA VIII/1220

Schriftliche Anfrage VIII/1244

  1. Welche Anlässe müssen gegeben sein, um eine Bauüberwachung bzw. Kontrolle eines Vorhabens durch das Bezirksamt auszulösen?
  2. Reichen als Anstöße das Einreichen Schriftlicher Anfragen von Bezirksverordneten oder Bürgeranfragen aus und welche Bedingungen müssen diese gegebenenfalls erfüllen?
  3. Nach welchen Abfolgen, Flowcharts, Checklisten werden Verstöße im Einzelfall geprüft und anhand welcher Kriterien ergeben sich welche Konsequenzen für den oder die Bauherren (Dokumente bitte beilegen)?
  4. Welche Aktivitäten hat das Bezirksamt zwischen dem 07.07.2020 und 21.07.2020 unternommen, um die in der Schriftlichen Anfrage SchA VIII/1220 angegebenen Sachverhalte in der Realität zu überprüfen?
  5. Aus welchen Gründen hält es das Bezirksamt für zu arbeitsaufwendig oder nicht sachdienlich, Bauüberwachungen bzw. Kontrollen eigeninitiativ oder nach Hinweisen mit frei zugänglichen, aktuellen Luftaufnahmen und 3-D-Abbildungen (angeboten etwa durch gängige Internetsuchmaschinen) durchzuführen, vorzubereiten und die Hinweise so auf Stichhaltigkeit zu überprüfen?
  6. Wie passt die augenscheinliche (siehe Screenshotsuchmaschine) Dreistöckigkeit und nicht vorhandene extensive Dachbegrünung des Gebäudes in der Friedrichshagener Straße 2c mit dem Bebauungsplan XVI-17 zusammen?

gestellt am 30.07.2020

von Uwe Doering

Das Bezirksamt antwortet am 12.08.2020

Welche Anlässe müssen gegeben sein, um eine Bauüberwachung bzw. Kontrolle eines Vorhabens durch das Bezirksamt auszulösen?

Die Bauordnung für Berlin sieht seit nunmehr 14 Jahren keine grundsätzlichen "Bauabnahmen" mehr vor. Eine Besichtigung vor Aufnahme der Nutzung ist bei diesem Vorhaben durch die Bauaufsicht nicht vorgesehen. Die Aufnahme der Nutzung ist dem Bezirksamt lediglich anzuzeigen.

Der Gesetzgeber hat mit § 52 BauO Bin die Grundpflichten formuliert:
Bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und der Beseitigung von Anlagen sind die Bauherrin oder der Bauherr und im Rahmen ihres Wirkungskreises die anderen am Bau Beteiligten dafür verantwortlich, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden.

Viele Mitarbeitende von Bauaufsichtsbehörden haben Bedenken gegen die politisch beschlossene Liberalisierung des Bauordnungsrechts geäußert.

Bereits bei den ersten grundsätzlichen dahingehenden Gesetzesänderungen wurde darauf aufmerksam gemacht, dass ggf. nachlaufende Kontrollen deutlich aufwändiger und weniger durchsatzungsstark sind, als eine präventive Kontrolle.

Mit der ebenfalls politisch beschlossenen Personalsparpolitik im Land Berlin sah sich die bezirkliche Bauaufsicht gezwungen, örtliche Kontrollen sehr stark einzuschränken.
Das Bezirksamt hat diesen Umstand bedauert und öffentlich und in der BVV immer wieder auf den Missstand aufmerksam gemacht. Wie das Bezirksamt im Ausschuss für Stadtentwicklung und Bauen am 03.06.2020 berichtete, kam es angesichts des aktuellen Baubooms und den pandemiebedingten Einschränkungen erneut zu starken Engpässen.
Die Bauaufsicht hat daher prioritär eingehende Bauanträge abgearbeitet, da hier gesetzliche Bearbeitungsfristen einzuhalten sind. Andere Aufgaben mussten zurückstehen.
Zwischenzeitlich hat die Bauaufsicht die Besetzung der Stelle einer/s Baukontrolleurs/ Baukontrolleurin und eines/r Sachbearbeiter/in für Ordnungswidrigkeilsverfahren in der Vorbereitung.
Die Stellen sind im Stellenplan angemeldet, bedürfen jedoch vor einer Ausschreibung einer tarifrechtlichen Bewertung. Die Stellenbesetzung wird daher noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Hinsichtlich der Art und Weise des Einschreitens hatte dies zur Folge, dass bei der Verfolgung von ordnungsbehördlichen Maßnahmen die Bauaufsichtsbehörde angewiesen war und weiterhin ist, strenge Maßstäbe bei der Verfahrenseinleitung und -durchführung anzulegen.

Dabei werden folgende Aspekte berücksichtigt:

  • das Gefährdungspotential der Öffentlichkeit (Gefahr für Leib und Leben)
  • der Grad der Beeinträchtigung für den Nachbarn
  • die Situationsgebundenheit der Bebauungen auf Nachbargrundstücken (gleichartige formelle und materielle Verstöße gegen baurechtliche Vorschriften) und
  • der Gleichbehandlungsgrundsatz, der einheitliche Maßstäbe erfordert

Alle diese Kriterien schlagen sich letztendlich in der ermessensleitenden behördlichen Entscheidung nieder.
Dem Bezirksamt ist bewusst, dass durch das Publikwerden dieser ermessenleitenden Kriterien die Gefahr besteht, dass einige Bauherren geneigt sein könnten, illegale bauliche Aktivitäten durchzuführen und auf eine aktive oder passive Duldung der Behörde zu setzen.

Reichen als Anstöße das Einreichen Schriftlicher Anfragen von Bezirksverordneten oder Bürgeranfragen aus und welche Bedingungen müssen diese gegebenenfalls erfüllen?

Siehe obige Antwort

Nach welchen Abfolgen, Flowcharts, Checklisten werden Verstöße im Einzelfall geprüft und anhand welcher Kriterien ergeben sich welche Konsequenzen für den oder die Bauherren (Dokumente bitte beilegen)?

Die Prüfabfolge ergibt sich unmittelbar aus den gesetzlichen Vorgaben aus dem Bauordnungrecht in Verbindung mit dem Verwaltungsverfahrensrecht. Zunächst ist eine Sachverhaltsprüfung erforderlich. Vermeintliche Verstöße gegen das Bauordnungsrecht sind zunächst auf ihre formelle und materielle Rechtmäßigkeit zu prüfen.

Insbesondere folgende Prüffragen spielen dabei eine Rolle:

  • Ist die vorgetragene Beanstandung öffentlich-rechtlicher Natur?
  • Ist die Beanstandung baugenehmigungspflichtig?
  • Liegt eine bestandskräftige Baugenehmigung vor?
  • Ist eine ggf. fehlende formelle Rechtmäßigkeit heilbar, d.h. ist die ggf. festgestellte Abweichung von öffentlich-rechtlichen Vorschriften nachträglich genehmigungsfähig?

Die Konsequenzen für den Bauherrn ergeben sich aus dem Einzelfall.

Welche Aktivitäten hat das Bezirksamt zwischen dem 07.07.2020 und 21.07.2020 unternommen, um die in der Schriftlichen Anfrage SchA VIII/1220 angegebenen Sachverhalte in der Realität zu überprüfen?

ln diesem Zeitraum hat das Bau- und Wohnungsamt Treptow-Köpenick nichts unternommen.
Die schriftliche Anfrage wurde von der bezirklichen Bauaufsicht nicht als Anlass für eine sofortige Überprüfung gesehen, siehe auch Antwort zu Frage 1.
Zur extensiven Dachbegrünung ist in den Bauantragsunterlagen zur Friedrichshagener Str. 2 eine Ausführung als Sedumteppich angegeben. Die (sehr unscharfen) recherchierbaren Luftbilder sehen nicht so aus, als sei das nicht realisiert. Bei genauerem Blick changieren die Dachflächen zwischen grün und violett. Leider stehen dem Bezirksamt die zur Überprüfung einer Dachbegrünung besser geeigneten digitalen Orthofetos in Infrarot nur bis 2016 zur Verfügung. Das Bau- und Wohnungsamt setzte sich in der KW 32 mit der Bauleitung in Verbindung. Diese versicherte, dass das extensive Gründach angelegt wurde. Vor zwei Wochen wurde dieses neu begrünt, da vorher Pflanzen eingesetzt wurden, die bei einer Mieterin eine Allergie auslösten.

Aus welchen Gründen hält es das Bezirksamt für zu arbeitsaufwendig oder nicht sachdienlich, Bauüberwachungen bzw. Kontrollen eigeninitiativ oder nach Hinweisen mit frei zugänglichen, aktuellen Luftaufnahmen und 3-D-Abbildungen (angeboten etwa durch gängige Internetsuchmaschinen) durchzuführen, vorzubereiten und die Hinweise so auf Stichhaltigkeit zu überprüfen?

Siehe Antwort zu ersten Frage

Wie passt die augenscheinliche (siehe Screenshotsuchmaschine) Dreistöckigkeit und nicht vorhandene extensive Dachbegrünung des Gebäudes in der Friedrichshagener Straße 2c mit dem Bebauungsplan XVI-17 zusammen?

Der Bebauungsplan XVI-17 setzt als zulässige Höhen keine Zahl der Vollgeschosse, sondern maximale Firsthöhen fest. Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahren unter Einbeziehung des Fachbereichs Stadtplanung wurde die Einhaltung der zulässigen Höhen anhand der eingereichten Unterlagen geprüft. Sie wurden eingehalten.
Eine Überprüfung der Einhaltung der zulässigen Höhen bei der Umsetzung der Baumaßnahmen erfolgt nicht, siehe Antwort zur ersten Frage.

Für das Bauvorhaben wurde ein Bauantrag eingereicht, der nach § 64 BauO Bin (Stand 2011) im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren geprüft wurde.
ln diesen Verfahren werden lediglich die folgenden Punkte geprüft:

  • Planungsrecht die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeil der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 des Baugesetzbuchs
  • Bauordnungsrecht beantragte und erforderliche Abweichungen im Sinne des § 68 Abs. 1 und 2 Satz 2 BauO Bin sowie die Übereinstimmung mit den Anforderungen gemäß den §§ 4 bis 6 BauO Bin
  • § 4- öffentlich-rechtliche Erschließung
  • § 5- Zugänge/ Zufahrten für die Feuerwehr
  • § 6 - Abstandsflächen

Im Übrigen wurde das extensive Gründach angelegt.

Schriftliche Anfrage - SchA VIII/1244