Schneller-Bauen-Gesetz

Schriftliche Anfrage

Drucksache Nr. IX/0677 vom 24.01.2024 des Bezirksverordneten Uwe Doering – DIE LINKE.


Ich frage das Bezirksamt:

Laut Medienberichten hat der Senat im Oktober 2023 ein Eckpunktepapier für ein "Schneller-Bauen-Gesetz" beschlossen. Zu diesem Eckpunktepapier soll es über 700 Vorschläge auch aus den Bezirken geben.

1. Ist dem Bezirksamt das Eckpunktepapier des Senats für ein "Schneller-Bauen-Gesetz" bekannt, wonach zukünftig Bau- und Genehmigungsverfahren für "größere" Bauprojekte von der Bezirks- auf die Landesebene übertragen werden sollen?

2. Wie bewertet das Bezirksamt das Vorhaben des Senats?

3. Wird das Bezirksamt vom Senat in die Planungen zum "Schneller-Bauen-Gesetz" einbezogen und, wenn ja, welche Stellungnahmen, Hinweise und Vorschläge gab es vom Bezirksamt?

 

Hierzu antwortet das Bezirksamt Treptow-Köpenick:

Zu 1. und 2.

Das Bezirksamt hat das Eckpunktepapier nicht von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen (SenSBW) erhalten. Die Inhalte und Intentionen waren aber Gegenstand von mindestens zwei Besprechungen. Nach Kenntnis des Bezirksamts enthält das Eckpunktepapier wichtige Handlungsfelder zur Erreichung des Ziels, das Bauen zu vereinfachen und zu beschleunigen. Erkennbar ist, dass es nicht allein darum geht, ein einzelnes (Artikel-)Gesetz zu verfassen, sondern daraus einen fortlaufenden Optimierungsprozess zu gestalten.

Laut der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen sind die Aktionsfelder des Schneller-Bauen-Gesetzes folgende:

- Gemeinsames Aufgabenverständnis / Mindset

- Rechtsgrundlagen vereinfachen und qualifizieren

- Fachliche Anforderungen fokussieren

- Personelle Rahmenbedingungen verbessern

- Finanzielle Rahmenbedingungen optimieren

- Durchsetzung gesamtstädtischer Ziele verbessern

- Zuständigkeiten effektiver ordnen

- Potenziale sichern / aktivieren

- Rechtsgrundlagen / Strategien anpassen

- Infrastrukturelle und ökologische Voraussetzungen schaffen

- Verfahren beschleunigen

- Prozesse und Verfahren digitalisieren

Da es sich um ein Eckpunktepapier handelt, sind die Handlungsfelder naturgemäß noch nicht mit konkreten Maßnahmen untersetzt, sodass eine vertiefte Diskussion noch nicht stattfinden konnte. Eine Bewertung kann deshalb durch das Bezirksamt noch nicht vorgenommen werden. In die politische Bewertung sollte vor allem einfließen, ob und inwiefern das an sich begrüßenswerte Ziel zulasten anderer öffentlicher Belange geht. Das Bezirksamt unterstützt das grundsätzliche Ziel, dass die Berliner Strukturen so verbessert werden, dass es künftig schneller und verbindlicher zu Entscheidungen in solchen Abwägungsprozessen kommt.

 

Zu 3.

Das Bezirksamt wurde und wird in den Prozess einbezogen. Nach Kenntnis des Bezirksamts wurden ebenso diverse öffentliche und private Akteurinnen und Akteure des Wohnungsbaus einbezogen. Es gab schriftliche Abfragen und persönliche Abstimmungsrunden.

Das Bezirksamt hat folgende Vorschläge in den Diskussionsprozess eingebracht:

Fachkräftemangel in den bezirklichen Stadtentwicklungsämtern und allen anderen am Bau beteiligten Fachämtern (wie Schulamt, SGA, Jugendamt)

- Reform der Besoldung/Vergütung insbesondere von Leitungspositionen in den Bezirken (diese ist im Vergleich zum Land/Bund geringer)

- Intensivierung der Referendariatsausbildung insbesondere im Bereich Hochbau und Vermessung

- Ausbildung gehobener Dienst (Bautechnischer Dienst und Vermessung) wieder aktivieren, um qualifiziertes Personal auf Ebene der Sachbearbeitung zu gewinnen.

 

Prüfumfang im Baugenehmigungsverfahren erweitern

Die Bearbeitungsdauer für das reine Baugenehmigungsverfahren ist gesetzlich (und bereits sehr straff) geregelt. Damit Bauherrschaften beurteilungsfähige Bauantragsunterlagen einreichen können, bedarf es vielerlei Abstimmungen mit verschiedenen Fachämtern. Durch die Liberalisierung des Bauordnungsrechts ist die Verantwortung für die Durchführung dieser Abstimmung zu einem Großteil auf die Bauherrschaft und seine Beauftragten (z.B. der/die vorlageberechtigte/n Architekt/in) verlagert. Dies gilt insbesondere für Wohnungsbauvorhaben. Die prekäre Personalausstattung vieler Fachbehörden hat somit einen großen Einfluss auf die Dauer des Planungsprozesses, bis es zur tatsächlichen Realisierung eines Bauvorhabens kommt.

- Maßnahmenvorschläge:

Den Prüfumfang im Baugenehmigungsverfahren wieder deutlich ausweiten, Bauaufsicht als One-Stop-Agency (wieder) etablieren durch Ausweitung des aufgedrängten (d.h. im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Fach-) Rechts; d.h. mehr Verantwortung bei den Bezirken um Notwendigkeiten / Fehlplanungen bei Eingaben frühzeitig zu erkennen und in beratender Weise tätig zu werden. Gleichzeitige Wahrung der Position des Fachamtes mit allen dafür notwendigen Kompetenzen, um nicht nur als „Prüfamt“ wahrgenommen zu werden. Somit könnte der Trugschluss ausgeräumt werden, dass ein maximales Outsourcing gleichzusetzen ist mit einer Minimierung des Zeitaufwandes auf der Verwaltungsseite.

Eine Verkürzung von Verfahrensfristen wird nicht unterstützt.

 

Digitalisierung

Es ist unerlässlich, dass für die Aufgaben der Stadtentwicklung zentrale digitale Fachverfahren bereitgestellt werden und diese kontinuierlich weiterentwickelt werden, um die medienbruchfreie digitale Bearbeitung von Vorgängen und Planungen betreiben zu können. Mit den Fachverfahren eBG, eDG, DiPlan (Bebauungsplanung) sind erste Verfahren eingeführt bzw. angekündigt. Positiv wird die Ankündigung aufgenommen, dass auch der Milieuschutz ein digitales Fachverfahren erhalten soll. Das essentielle Fachverfahren für die Beschleunigung von Bauvorhaben ist das eBG. Als eines der ersten digitalen Verfahren Ende der 2000er Jahren gestartet, erlaubt das Programm leider bis dato keine vollständige digitale Bearbeitung. Die eBG-Geschäftsstelle kann in der derzeitigen personellen Ausstattung den Betrieb aufrechterhalten, müsste jedoch dringend angemessen personell untersetzt werden, um hier die nächsten Schritte vollständiger Digitalisierung zu erreichen und damit eine sehr deutliche Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren im gesamten Land Berlin zu ermöglichen.

Im Detail zeigt sich dies u.a. in folgenden Punkten: Keine Kompatibilität zur E-Akte und zum BeBpo (Besonderes Behördenpostfach), mangelnde Kompatibilität eBG intern z.B. mit dem eDG, keine Möglichkeit elektronischer Signaturen für alle Verfahren des Stadtentwicklungsamtes (z.B. zur Zustellung nach Genehmigungsfiktion, Erstellung von digitalen Verfügungen).

 

Bebauungsplanverfahren

Allein bei einer reinen Aneinanderreihung der rechtlich notwendigen Verfahrensschritte ohne inhaltliche Arbeitszeiten dauert ein Bebauungsplanverfahren im Land Berlin mindestens zwei Jahre. Die tatsächliche Dauer eines Bebauungsplanverfahrens hängt stets vom Einzelfall ab und variiert auch innerhalb eines Bezirks stark. Die unprognostizierbare Dauer eines Bebauungsplanverfahrens ist in dessen Rechtsnatur verankert. Das Bebauungsplanverfahren dient dazu, alle öffentlichen und privaten Belange, die von den städtebaulichen Zielen des Bebauungsplanverfahrens berührt sein können, zu ermitteln, zu gewichten, abzuwägen und zu einer Lösung zusammenzuführen. Dazu werden in mehreren Verfahrensschritten die Öffentlichkeit und Träger öffentlicher Belange beteiligt, um Erkenntnisse zu gewinnen. Die planende Behörde muss sich mit allen eingehenden Stellungnahmen auseinandersetzen, Kompromisse ausloten und einen Umgang mit rechtlichen und fachlichen Zwangspunkten finden. Dies erfordert einen hohen Abstimmungsaufwand mit den jeweils betroffenen Fachbehörden und einen hohen kommunikativen Aufwand zwischen planender Behörde, Fachbehörden, Vorhabenträger/innen, beauftragten Dienstleister/innen (Planungsbüros und Gutachter/innen).

Zur Erarbeitung eines Bebauungsplans sind diverse Fachgutachten erforderlich, z.B. für Verkehr, Immissionsschutz, Ausgleich und Ersatz in Natur und Landschaft, Artenschutz, Entwässerung uvm. Diese stehen z.T. in einem Abhängigkeitsverhältnis untereinander und sind in einem iterativen Prozess immer wieder an den jeweiligen Erkenntnisstand anzupassen. Dies alles kostet Zeit. Die rechtlichen und fachlichen Anforderungen an diese Verfahren erhöhen sich stetig, die Bürgerbeteiligungsverfahren werden umfangreicher und die Rahmenbedingungen der noch zu bebauenden Grundstücke werden zunehmend komplizierter, was sich ebenfalls auf die Länge der Verfahren auswirkt.

Wiederkehrende Gründe, die zu Verzögerungen führen, sind z.B.

- die mühsame Suche nach Flächen für die notwendige soziale Infrastruktur (Schulen und Kitas), die Voraussetzung für die Ausweisung neuer Wohnbauflächen sind

- die Bewältigung verkehrlicher Auswirkungen der Wohnungsbauvorhaben

- handwerklich / rechtliche Abarbeitung immissionsschutzrechtlicher Belange

- fehlende Ausgleichsflächen bzw. die mühsame Suche danach

- Maßnahmenvorschlag: effizienter Personaleinsatz

Die Erfahrungen aus den letzten Jahren zeigen, Berlin steht sich oft selbst bei der Realisierung der selbst gesetzten Ziele im Wege. Doppelprüfungen auf Bezirks- und Hauptverwaltungsebene führen zu Doppelarbeit und Verzögerungen. Es muss weiterhin dringend an der Entzerrung von Zuständigkeiten gearbeitet werden. Wichtige Fachbehörden wie Immissionsschutz und Verkehrsplanung liegen nicht in der Hand der Stadtentwicklung. Umso wichtiger ist es, dass sich der Senat dafür einsetzt, dass alle Fachbehörden das große Oberziel – Schaffung neuer Wohnungen – nicht aus den Augen verlieren und den Bedarf auch gemeinsam den betroffenen Nachbarinnen und Nachbarn erklären.

- Maßnahmenvorschlag: berlinspezifische Verfahrensschritte entschlacken

Die derzeitige Regelung im AGBauGB sieht vor, dass für bezirkliche Bebauungspläne eine Rechtskontrolle grundsätzlich durch die Bezirke selbst vorgenommen wird. Eine Rechtskontrolle bei der zuständigen Senatsverwaltung findet gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 AGBauGB nur statt, wenn der Entwurf des B-Plans dringende Gesamtinteressen Berlins berührt. Das Stadtentwicklungsamt sieht hinsichtlich des Wortlauts dieser Vorschrift keinen Änderungsbedarf, wohl aber bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Entwurf eines B-Plans dringende Gesamtinteressen Berlins berührt. Hier bedarf es einer Nachschärfung der Definition des Begriffs der „dringenden Gesamtinteressen“ sowie einer nachvollziehbaren Begründung für die Annahme, diese seien berührt. Es kann festgestellt werden, dass in der Praxis die weit überwiegende Mehrzahl der Bebauungspläne von der zuständigen Senatsverwaltung als „die dringenden Gesamtinteressen Berlins berührend“ eingestuft werden (vgl. Drucksache Schriftliche Anfrage S 17 / 18 798).

Das (finanzielle) Prozessrisiko einer Normenkontrolle trägt der Normgeber, somit also auch dann die Bezirke, wenn der Bebauungsplan gesamtstädtische Interessen berührt und die Rechtsprüfung in der zuständigen Senatsverwaltung durchlaufen hat. Vor diesem Hintergrund findet im Bezirk Treptow-Köpenick eine Prüfung der Bebauungsplanentwürfe durch das Rechtsamt statt, bevor sie dem Bezirksamt zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Hier doppeln sich zeitintensive Arbeitsschritte. Dies fällt spürbar ins Gewicht, da die weit überwiegende Mehrzahl der Bebauungspläne von der zuständigen Senatsverwaltung als „die dringenden Gesamtinteressen Berlins berührend“ eingestuft werden. Dieses Dilemma wird jedoch vor dem Hintergrund Verfasstheit der Einheitsgemeinde Berlin kaum aufzulösen zu sein. Der Umfang der Doppeltätigkeit lässt sich jedoch reduzieren, wenn die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen den Prüfungsmaßstab der Rechtskontrolle auf dessen gesetzlichen Umfang beschränkt.

Das Bezirksamt Treptow-Köpenick legt im o. g. Zusammenhang Wert auf die Feststellung, dass im Rahmen der Rechtskontrolle der zuständigen Senatsverwaltung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 AGBauGB nur zu prüfen ist, ob der Bebauungsplan

- dringende Gesamtinteressen Berlins beeinträchtigt,

- nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist oder

- Rechtsvorschriften widerspricht.

Zweckmäßigkeitsüberlegungen können dabei nicht zu einer Beanstandung des Bebauungsplanentwurfs führen. Gleiches gilt für abweichende politische oder fachliche Beurteilungen eines Sachverhalts. Auch unterschiedliche Rechtsauffassungen bezüglich des städtebaulichen Vertrags / Durchführungsvertrags, etwa zur Wahl der geeigneten Sicherungsmittel können nicht zur Beanstandung führen.

 

Städtebauliche Dichte und Qualität des öffentlichen Raums

Aufgrund der Bodenpreisentwicklung fordern alle Wohnbau-Projektentwickler/innen höhere Bebauungsdichten. Diese Diskussion muss vor allem landesweit geführt werden und zu einer Überprüfung der Wohnbauflächen im Flächennutzungsplan (FNP) führen. Die Bezirke können und sollten den Rahmen des FNP nicht beliebig erweitern, denn dann verlöre dieser als strategisches Instrument seine Wirkung. Das Zugeständnis höherer städtebaulicher Dichten kann nur einhergehen, mit einer höheren Quantität und Qualität des öffentlichen Raums. Die Bezirke können sich gegenwärtig jedoch nicht einmal den Unterhalt der notwendigsten Flächen leisten. Es braucht also entweder Instrumente, die Pflege öffentlicher Flächen dauerhaft an Private zu übertragen (was schwierig ist, weil dies bundes- und sogar verfassungsrechtliche Auswirkungen hätte). Oder die bezirklichen Straßen- und Grünflächenämter müssen für diese Aufgabe angemessen ausgestattet werden.

 

- Maßnahmenvorschlag: adäquate finanzielle und personelle Ausstattung der Straßen- und Grünflächenämter für die Übernahme, Gestaltung und Unterhaltung von Straßen, Grünund Freiflächen

 

Zwischennutzungen ermöglichen

Aufgrund der Knappheit an für die öffentliche Hand nutzbaren Flächen ist es sinnvoll, Gebäude und/oder Flächen bis zu deren endgültiger Nutzung einer Zwischennutzung, z.B. für kulturelle Zwecke zuzuführen.

Oftmals stehen baurechtliche Erwägungen einer Zwischennutzung entgegen. Das deutsche Baurecht kennt keine Zwischennutzungen.

Einzelne Veranstaltungen können zumeist noch ermöglicht werden: Für einzelne Veranstaltungen ist dann ein Bauantrag erforderlich, wenn mehr als 200 Personen gleichzeitig in einem Gebäude auf dem Grundstück und/oder wenn sich mehr als 1.000 Personen gleichzeitig auf dem Grundstück selbst aufhalten. Hintergrund ist der Sonderbautatbestand für Versammlungsstätten gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 7 a) und b) BauO Bln. Für Bühnen, wenn dies fliegende Bauten sind, ist kein Bauantrag nötig. Hinsichtlich der Bespielung selbst ist zusätzlich eine Genehmigung des Umweltund Naturschutzamtes nach dem LImSchG erforderlich.

Soll eine Nutzung jedoch länger erfolgen (ab ca. 8 Wochen) wird sie planungsrechtlich relevant und unterliegt den Regelungen der §§29 BauGB, in denen die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben geregelt ist. Die Tatbestandsmerkmale für die Zulässigkeit eines Vorhabens sind abschließend geregelt.

- Maßnahmevorschlag: Das Land Berlin setzt sich gegenüber dem Bundesgesetzgeber für eine Regelung im Baugesetzbuch ein, mit der nach Ermessen im Einzelfall eine Nutzung für 2 Monate bis ca. 2 Jahre ermöglicht werden kann, sofern öffentliche Belange überwiegen

Mehrfachnutzungen ermöglichen

Fortsetzung der Bemühungen zur Schaffung von politischen und rechtlichen Voraussetzungen für die Mehrfachnutzung von Grundstücken, Flächen und Gebäuden.

 

Grundstücksmarkt regulieren

Die Zahl der erreichbaren Baugenehmigungen und deren Umsetzung hängt in erster Linie von einer ausreichenden Anzahl bauwilliger Antragstellenden ab. Leider hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass Bauen in vielen Fällen nicht wirtschaftlicher ist, als erworbene Grundstücke einfach liegen zu lassen und zu einem günstigen Zeitpunkt gewinnbringend zu veräußern. Die Rendite aus Bodenwertsteigerungen war und ist genauso hoch bzw. höher als durch eine Bebauung der Grundstücke. Es ist zunehmend zu Spekulationsgeschäften und dadurch zu einer Verknappung von Bauland gekommen, was ganz wesentlich zu den enorm gestiegenen Baulandpreisen beigetragen hat. Dies erklärt auch den sogenannten „Bauüberhang“, also die zum Teil beachtliche Differenz zwischen erteilten Baugenehmigungen und tatsächlich errichteten Wohnungen. Steuervermeidungsmodelle wie „Share-Deals“, durch die das Land Berlin u.a. Steuern in Millionenhöhe entgehen, machen diese Praxis lukrativ. Daher ist es aus Sicht des Bezirkes entscheidend, auf Landes- und auch auf Bundesebene daraufhin zu wirken, dass sich Bauen lohnt und Grundstücksspekulationen durch die Abschaffung von Steuervermeidungsmodellen einen Riegel vorzuschieben. Damit würde ein wesentliches Hemmnis beseitigt werden, das einer ausreichenden und zügigen Wohnraumschaffung entgegensteht.

- Maßnahmenvorschlag: Die Abschaffung von Steuervermeidungs- und Gesetzeslückenausnutzungsmodellen, wie z.B. Share-Deals.

 

Selbst handlungsfähig werden

Aktuell werden Bebauungspläne nur aufgestellt, sofern es einen Vorhabenträger gibt, der die Planungskosten trägt. Das Land Berlin ist davon abhängig.

- Maßnahmenvorschlag: Die Bezirke müssen finanziell und personell so ausgestattet werden, dass sie jederzeit in der Lage sind, bei Feststellung eines Planerfordernisses selbst die Planung durchzuführen und inkl. Gutachten zu finanzieren.

Das Bezirksamt wurde im weiteren Verlauf der Abstimmungen mit SenSBW um Kommentierung einer Vielzahl eingebrachter Ideen gebeten. Diese Ideen waren sowohl organisatorischer Natur als auch rechtlicher Natur. Die Bandbreite umfasste z.B.:

 

- Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung, -qualifizierung und –pflege

- Genehmigungsfristen und -fiktionen

- Verbesserungsvorschläge für die Koordinierung von Projekten / behördenübergreifende Zusammenarbeit

- Reduzierung von rechtlichen Vorgaben für die Durchführung von Planungsverfahren

- Flexibilisierungs- und Vereinfachungsvorschläge in diversen Rechtsgebieten, auch Formvorschriften

- Vereinheitlichung Verwaltungspraxis

- Umgang mit Öffentlichkeitsbeteiligung (Transparenz- und Beteiligungsanspruch zwischen Aufwand und Wirkung)

- Umgang mit fachbehördlichen Belangen

- Flächenvorsorge

- Digitalisierungsvorschläge

Das Bezirksamt hat vor allem eine fachliche Bewertung vorgenommen, die einerseits die Wirksamkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen im Hinblick auf das Ziel der Beschleunigung des Wohnungsbaus beurteilte, und andererseits die Konsequenzen für die von den einzelnen Fachämtern zu vertretenden öffentlichen Belange im Hinblick auf mögliche Qualitätsverluste bewertete.

 

Dr. Claudia Leistner Bezirksstadträtin