Zweiter Müggelturm?

Schriftliche Anfrage VIII/1354

  1. Ist dem Bezirksamt bekannt, dass der Eigentümer des Müggelturms laut Zeitungsbericht vom 07.12.2020 einen "Projektstart für den zweiten Müggelturm" angekündigt hat?
  2. Gab es hierzu vorbereitende Gespräche mit dem Bezirksamt Treptow-Köpenick bzw. ist das Vorhaben dem Bezirksamt bekannt gemacht oder erläutert worden und, wenn ja, was ist konkret geplant?
  3. Welche Haltung hat das Bezirksamt zum wiederholt angekündigten Projekt hinsichtlich des Denkmalschutzes sowie des Umwelt- und Naturschutzes?

gestellt am 14.12.2020

von Uwe Doering

Das Bezirksamt antwortet am 06.01.2021

Ist dem Bezirksamt bekannt, dass der Eigentümer des Müggelturms laut Zeitungsbericht vom 07.12.2020 einen "Projektstart für den zweiten Müggelturm" angekündigt hat?

ja

Gab es hierzu vorbereitende Gespräche mit dem Bezirksamt Treptow-Köpenick bzw. ist das Vorhaben dem Bezirksamt bekannt gemacht oder erläutert worden und, wenn ja, was ist konkret geplant?

Nein, dass der Eigentümer des Müggelturms beabsichtigt, einen Antrag auf Aufstellung eines „objektbezogenen" Bebauungsplan zu stellen, hat das Bezirksamt am 07.12.2020 aus der Presse erfahren. Hier im Bezirksamt ist bislang ein solcher Antrag nicht eingegangen.

Welche Haltung hat das Bezirksamt zum wiederholt angekündigten Projekt hinsichtlich des Denkmalschutzes sowie des Umwelt- und Naturschutzes?

Das Bezirksamt hat sich bislang noch nicht zu der Idee positioniert. Ob es eines Bebauungsplans bedarf oder ein Genehmigungsverfahren ausreicht, ob ein Verfahren überhaupt Aussicht auf Erfolg hätte, kann aktuell nicht beurteilt werden. Seit Anfang 2019 wird das Bezirksamt in regelmäßigen Abständen mit der Veröffentlichung von Bildern konfrontiert, welche scheinbar die Idee eines zweiten Turms zur barrierefreien Erschließung des identitätsstiftenden Müggelturms zum Inhalt haben.
Der Eigentümer des Müggelturms sowie des umliegenden Areals möchte, so scheint es, neben dem Müggelturm, einen zweiten Turm errichten und diesen über einen „SkyWalk" an das Denkmal anbinden. Bislang kennt das Bezirksamt lediglich die in der Presse veröffentlichten Bilder. Ein konkreter Bauantrag oder auch nur Baupläne im Entwurfsstadium liegen nicht vor.

Den Äußerungen des Eigentümers über diese Planungen ging eine Diskussion um die Barrierefreiheit des Müggelturms voraus. Die Anlage des Müggelturms, bestehend aus dem gastronomischen Bereich mit Restaurant und Dachterrasse und dem Aussichtsturm, wurde in den 1960er Jahren errichtet. Der Müggelturm wurde im Mai 1995 in die Berliner Denkmalliste eingetragen, er besitzt geschichtliche, künstlerische und städtebauliche Bedeutung.
Nach Übernahme des, damals in einem sehr schlechten baulichen Zustand befindlichen, Müggelturm-Areals durch den heutigen Eigentümer, begann dieser mit der umfangreichen Planung zur Wiederinbetriebnahme der Gesamtanlage. Es handelt sich dabei nicht um einen Wiederaufbau, sondern um eine Wiederinbetriebnahme des vorhandenen Bauwerks. Im Falle  eines Wiederaufbaus wären die Möglichkeiten der behindertengerechten Erschließung ganz anders und hätten auch im Turm berücksichtigt werden können und müssen.
Der Müggelturm selbst konnte im Inneren nicht mit einem Aufzug versehen werden, da hier der notwendige Platz fehlte. Deshalb erwog der Eigentümer die Errichtung eines Aufzugsturms neben dem Müggelturm. Da jedoch die vorhandene Aussichtsplattform des Turms in der Fläche viel zu klein für die Benutzung von Rollstuhlfahrern ist, wäre die Befahrung des Turms trotz Nebenerschließung nicht möglich gewesen.
In dem hier vorliegenden Fall war die Begründung der Denkmalwürdigkeit gemäß Berliner Denkmalliste besonders maßgeblich für die Beurteilung der denkmalrechtlichen Genehmigungsfähigkeit. Dieser Maßstab wäre auch bei der Prüfung des Turmneubaus heranzuziehen.

Der Müggelturm - Terrassenanlage mit Restaurant und Turm - wurde im Mai 1995 in die Berliner Denkmalliste eingetragen, er besitzt geschichtliche, künstlerische und städtebauliche Bedeutung. In der Kurzbegründung der Denkmalwürdigkeit heißt es:
Der 1961 fertiggestellte Müggelturm wurde an der Stelle eines 1958 durch Brand bei Restaurierungsarbeiten zerstörten Vorgängerbaus errichtet. Seit 1889 war dieser Aussichtstürm mit angeschlossenem Restaurant eines der beliebtesten Ausflugsziele der Köpenicker Umgebung. Die Baukosten für den Wiederaufbau wurden fast vollständig aus Spenden finanziert und dokumentieren so den hohen Stellenwert, den der Turm für Köpenick hat. Der heutige Turm entspricht in seinem Entwurf den Gestaltungsprinzipien der Moderne und kann als hochwertiges Bauwerk der späten fünfziger/ frühen sechziger Jahre in der DDR gelten.
Typisch sind die großen, mit schmalen Fensterprofilen versehenen Öffnungen des Restaurants und des Turms. Besonders die filigrane Ausführung des rechteckigen Turms mit seinem als Scheibe ausgebildeten Dach erinnert an die Leichtigkeit, die die stilbildenden Architekten der Zeit anstrebten.
Der Entwurf stammt von einer Studentengruppe der Kunsthochschule Weißensee, die den vom Nationalen Aufbauwerk als Bauträger ausgeschriebenen Wettbewerb gewann. Die großzügige Anlage repräsentiert exemplarisch die Bedeutung, die Großgaststätten und Ausflugsorte als Orte der Naherholung für die "Arbeiter und Bauern" in der Aufbauphase der DDR hatte."

In Abstimmung des Eigentümers mit der bezirklichen Behindertenbeauftragten und der Denkmalschutzbehörde wurde dafür gesorgt, dass der Besuch des Müggelturms auch für mobilitätseingeschränkte Personen ein Erlebnis ist. Es fanden zahlreiche Gespräche und Termine statt, bis letztendlich eine Lösung gefunden wurde, mit der alle Beteiligten, auch die Behindertenbeauftragte des Bezirkes; mitgehen konnten: Alle Ebenen des Gastronomiebereiches wurden barrierefrei erschlossen. Durch den Bereich Berliner Forsten wurde die Genehmigung erteilt, verschiedene Sichtachsen in alle Richtungen in den Wald zu schlagen, um von der obersten Aussichtsterrasse eine gute Weitsicht zu haben.

Der Bezirk betrachtet die Wiederinbetriebnahme des Areals als großen Gewinn für alle Personen. Auch mobilitätseingeschränkte Personen können die Aussichtsbereiche der Terassen und Gastronomieeinrichtungen nutzen und die Aussicht genießen. Leider ist die Besteigung des Turms für einen eingeschränkten Personenkreis aus den oben genannten Gründen nicht möglich.

Die barrierefreie Erschließung von möglichst vielen Orten im Bezirk Treptow-Köpenick ist ein wichtiges Ziel des Bezirksamtes. Es kann gleichzeitig nur unter Beachtung anderer öffentlicher Belange umgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund stellt die Erschließung des Müggelturms fürl mobilitätseingeschränkte Menschen eine besondere Herausforderung in denkmal- und planungsrechtlicher Hinsicht dar, welche aber anhand einiger weniger Computersimulationen und Medienberichten nicht abschließend beurteilt werden kann.

Schriftliche Anfrage - SchA VIII/1354