Video: Die Verwaltung braucht ein Update

Aus dem Rathaus
Doku: Die Verwaltung hat mehr Digitalisierung verdient

Verwaltung Teil II - Fortsetzung der im letzten Heft begonnenen Serie

Es fehlt der Verwaltung an Mut und Fehlerkultur. Manchmal ist es wichtig, mutige Entscheidungen zu treffen und, im Falle eines Fehlers, daraus zu lernen. In Berliner Amtsstuben herrscht aber oft eher Angst vor. Vorgesetzte, die eigenständige Entscheidungen ablehnen und bestrafen, strenge Hierarchien und eine kaum vorhandene Fehlerkultur tragen dazu bei. Als etwa eine Frau mit Polizeiunterstützung aus der Plansche geworfen wurde, weil sie sich dort ohne Oberbekleidung sonnte, schaffte es der zuständige Stadtrat nicht, sich dafür zu entschuldigen. Vielmehr wurde das Vorgehen bis zum Schluss verteidigt. Ein Lernprozess oder ein nachdenklicher Umgang mit einem Fehler fand nicht statt. Nachdem die Betroffene und die Frau in einem weiteren Fall sich gegen die Behandlung gewehrt hatten, wurden berlinweit Nutzungsbedingungen überarbeitet. Inzwischen dürfen alle Menschen ohne Oberbekleidung in öffentliche Schwimmbäder.

Wenn in der Verwaltung mal ein Fall von Mut auftritt, dann weiß schnell die ganze Stadt davon. Als zu Beginn der Coronapandemie „Abstand halten“ zu einem wichtigen und richtigen Mantra wurde, stiegen viele Menschen auf das Fahrrad um, statt die engen öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. Abstand wurde auf den engen Radwegen aber ebenso zum Problem. Kurzerhand bestimmte ein findiger Amtsleiter die Einführung von Pop-up Radwegen. Innerhalb weniger Tage wurden kilometerweit vernünftige Radwege verfügbar. Im Nu fand das Vorgehen Nachahmer in der ganzen Stadt, dann bundesweit und sogar weltweites Interesse zeigte sich. Ein Vorgehen, das Mut erforderte, denn Vorschriften dafür gab es keine. Das übliche Vorgehen der Verwaltung wäre gewesen, zunächst auf ein Gesetz und die dazugehörigen Ausführungsvorschriften zu warten. Ein Prozess, bei dem schnell Jahre oder gar Jahrzehnte ins Land ­gehen können. Der Leiter des Stra­ßen- und Grünflächenamtes Friedrichs­hain-Kreuzberg, Felix Weisbrich, hatte einfach eigenmächtig eine weitreichende Entscheidung getroffen, auch auf die Gefahr hin, dass es Beschwerden geben würde oder das Vorgehen vor Gericht landen würde. Inzwischen sind die vielen Popup Radwege zu regulären Radwegen für zehntausende Radfah­rende geworden, die darauf sonst noch Jahre hätten warten müssen.

Um diese Art von Mut und Eigeninitiative zu fördern, braucht es in den Ämtern ein grundsätzliches Umdenken: eine Kultur des Vertrauens, eine gute Fehlerkultur, Dezentra­li­sierung von Entscheidungsbefugnissen, Un­ter­stützung von Innovation und Experimenten und letztlich auch eine deutliche Wertschätzung und Anerkennung der Mitarbeitenden der Verwaltung.

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Dieser Artikel erschien zuerst in  Aus dem Rathaus vom 04.07.2023

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