Barrierefreiheit während der Bauarbeiten am Bahnhof Schöneweide

Philipp Wohlfeil

Schriftliche Anfrage VIII/0576

  1. Gibt es seit dem Zwischenbericht zum BVV-Beschluss "Barrierefreiheit am S-Bhf. Schöneweide dauerhaft gewährleisten" (0131/08/17) vom 30. November 2017 einen neuen Sachstand?
  2. Bleibt es dabei, dass die Bahnsteige des Bahnhofs Schöneweide während der Bauarbeiten am nordwestlichen Ausgang nicht direkt barrierefrei erreichbar sein werden?
  3. Ist dem Bezirksamt bekannt, wie die Deutsche Bahn die Barrierefreiheit gewährleisten möchte?
  4. Ist nach Auffassung des Bezirksamtes eine bauliche Lösung für eine dauerhafte oder vorübergehende Herstellung der Barrierefreiheit am südöstlichen Ausgang denkbar und wie sieht diese gegebenenfalls aus?
  5. Wann sollen die Bauarbeiten beginnen?
  6. Wie lange soll dieser Zustand andauern?
  7. Ist nach Ansicht des Bezirksamtes der südöstliche Ausgang beziehungsweise der Gehweg unter der Brücke am Sterndamm dafür geeignet, den gesamten Fußgängerverkehr aufzunehmen?

gestellt am 15.08.2018

von Philipp Wohlfeil

Das Bezirksamt antwortet am 06.09.2018

Zu 1.

Die Schlichtungsstelle hat das Eisenbahnbundesamt (EBA) um Teilnahme an dem beantragten Schlichtungsverfahren zum S-Bahnhof Schöneweide aufgefordert.
Das EBA hat mit Schreiben vom 09.04.2018 geantwortet, dass es nicht zuständig sei, da es

"(...) sich bei den antragsgegenständlichen Baumaßnahmen um eine Instandsetzung handelt, die keiner Genehmigung nach § 18 AEG bedarf. Als einzige Änderung des Bestandes ist der Neubau von Fahrtreppen als Ersatz von Teilen der festen Treppen vorgesehen. Eine derartige Komfortsteigerung ist jedoch nicht ausreichend, um deshalb ein Verfahren nach § 18 AEG durchzuführen.
Aufgrund dieser Sachlage ist ein Schlichtungsverfahren mit dem EBA im diesem Fall nicht möglich, weil vonseiten des EBA nicht gegen Vorschriften des BGG verstoßen wurde und
somit die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 BGG nichtvorliegen. Anders als in Fällen, in denen im Rahmen der Planfeststellung Auflagen auch zur baulichen Umsetzung der Maßnahme festgesetzt werden können, liegen die Details der Bauausführung in Fällen bloßer Instandhaltung ausschließlich in der Verantwortung die Bauherren und Belreiber der Anlage,
also der DB Station & Service AG und der DB Netz AG.
Des Weiteren sehe ich auch 'keinen Eingriffstatbestand gemäß § 5a Allgemeines Eisenbahngesetz im Sinne der Gefahrenabwehr bei Bestandsbauwerken bzw. bauzeitlichen Einschränkungen. Aus dem durch das Eisenbahn-Bundesamt mit der Eisenbahnspezifischen Liste der Technischen Baubestimmungen (ELTB) eingeführten bautechnischen Regelwerk - hier sind insbesondere die TSI PRM für den Anteil Regionalhalt und Richtlinie 813 für den S-Bahnteil zu nennen - ergeben sich lediglich Anforderungen zur Barrierefreiheit an den baulichen Endzustand beim Neubau oder wesentlichen Umbauten. So enthält die TSI PRM in Ziffer 4. 5. 1 die betreiberseilige Vorhaltung eines betrieblichen Verfahrens, dass Menschen mit Behinderungen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität während Instandhaltungs-, Austausch oder Reparaturarbeiten an Einrichtungen, die von Menschen mit Behinderungen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität genutzt werden, alternative Hilfeleistungen erhalten.
Dieser Pflicht kommt DB Station und Service in der Regel nach.
Da das Eisenbahn-Bundesamt nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BGG, darauf hinzuwirken soll, dass die Ziele des BGG durch die Deutsche Bahn AG in angemessener Weise berücksichtigt werden, habe ich Kontakt mit der DB dahingehend aufgenommen, dass Lösungsmöglichkeiten dieser Problematik auch in diesem Falle ernsthaft und konstruktiv geprüft und auch in Erwägung gezogen werden.
Nach dem mir bekannten Sachsland ist die DB AG mit ihren Überlegungen noch nicht zu einem abschließenden Ergebnis gelangt. Ich rechne jedoch mit einer baldigen Entscheidung des Bauherrn und würde Sie, sobald mir diese bekannt ist, darüber kurzfristig informieren.
(...)"

Die DB-Station & Service AG hat mit Schreiben vom 04.06.2018 die Schlichtungsstelle darüber informiert, dass sie nun bereit sei, ein Gespräch bei der Schlichtungsstelle mit den Beteiligten zu führen.
Dieses Gespräch wurde am 19.07.2018 unter Beteiligung der Vertreter des VdK, der DMSG, der Seniorenvertretung Treptow-Köpenick und dem Behindertenbeauftragten Treptow-Köpenick auf der einen und der DB-Station & Service AG auf der anderen Seite geführt.

Die wesentlichen Ergebnisse sind im Folgenden dargestellt.

Zu 2.
Ab 03/2019 werden die Aufzüge zu den Bahnsteigen zurückgebaut und stehen dann nicht mehr zur Verfügung.

Zu 3.
ln dem Termin bei der Schlichtungsstelle wurden drei Varianten seitens der Bahn vorgestellt, die diskutiert wurden:

a. V1:
Es werden die jetzt schon vorhandenen Umfahrungen genutzt, wobei ein verstärktes Augenmerk auf die Barrierefreiheit der dann in Anspruch zu nehmenden Verkehrsmittel und deren Infrastruktur gelegt werden soll.
Eine Taktverdichtung bspw. der Busse 165 und 163 ist nicht vorgesehen, da dies in der Realisierung noch teurer als die mobilen Aufzüge wäre.
Hier betonte die Bahn, dass die erfolgten Messungen ergeben hätten, dass die untersuchten Umfahrungen im Durchschnitt zu einer Erhöhung der Fahrzeit von ca. 10-15 Minuten führen würden.
Hierzu wurden erhebliche Einwände seitens der anderen Seite angeführt, die die Bahn teilweise nicht berücksichtigt hatte.
Die Variante wurde seitens der "pro-Barrierefreiheit-Gruppe" als nicht zielführend verworfen.
Die Vertreter der Bahn betonten allerdings wiederholt, dass diese Variante nicht auszuschließen sei.

b. V2:
Ein mobiler Aufzug für einen Bahnsteig mit der Folge, dass für die Fahrtrichtung, wo kein Fahrstuhl ist, jeweils eine Station weitergefahren und der Zug in die entgegengesetzte Richtung genommen werden muss, um dann wieder am Zielort mit dem Aufzug am Bahngleis anzukommen. Kosten ca. 600.000 €.

c. V3:
Zwei mobile Aufzüge zur barrierefreien Erschließung beider Bahnsteige Kosten ca. 1.200.000 €.

Die Bahn konstatierte weiterhin, dass die Situation um den Bahnhof herum, in Verbindung mit den Aufzügen, keine beispielhafte Lösung im Sinne der Barrierefreiheit sei, sondern es zu unkomfortablen Zuwegungen führen würde. Man wolle sich aber bemühen, die Baustelle so barrierefrei wie möglich zu gestalten, wenn es zu einer Umsetzung der V2 oder V3 käme.

Die Bahn hatte überdies Fahrgastzählungen durchgeführt, die die Inanspruchnahme der Aufzüge dokumentierten. Die Zählung wurde an einem "typischen Messtag" (Dienstag 06:00
bis 20:00 Uhr} durchgeführt. Der Aufzug wurde von ca. 1200 Personen mit unterschiedlichen Motiven und Einschränkungen benutzt.

Die Bahn hält die Datenlage noch für unzureichend, um eine Entscheidung zu treffen.
Daher wurde die Herbeiführung einer Lösung im Rahmen des Schlichtungsverfahrens verschoben, bis die Bahn eine belastbarere Datengrundlage hat.

Der nächste Termin ist am 25.09.2018 bei der Schlichtungsstelle.
Der Termin ist so gewählt, dass bei einer Einigung auf die V2 oder V3 noch genügend Zeit für deren Herrichtung bleibt.

Ob die beteiligten Verbände bei einer abschlägigen Entscheidung von V2 und V3 seitens der Bahn Klage erheben werden, ist derzeit offen.

Zu 4., 5. und 6.
Dazu kann das Straßen - und Grünflächenamt (SGA) nichts mitteilen, da es sich bei den Fragen 4, 5 und 6 ausschließlich um Belange der Deutschen Bahn auf ihrem Grundstück handelt.

Zu 7.
Antwort des SGA zu der Frage 7:
Zwischen der DB AG und der BVG wurde die Lage der Haltestelle der Straßenbahn und damit die Umsteigebeziehung zwischen Straßenbahn und S-Bahn abgestimmt. Die Verhältnisse unter der Brücke sind beengt, lassen sich aber auf Grund der örtlichen Gegebenheiten nicht erweitern. Zur verkehrssicheren Abwicklung des Fußgängerverkehrs sind diese jedoch ausreichend.

Schriftliche Anfrage - SchA VIII/0576