Fachliche und personelle Aufstellung und Entwicklung im Gesundheitsamt Treptow-Köpenick

Treptow-Köpenick

Schriftliche Anfrage VIII/1404

  1. Wird die Amtsarztstelle mit der Stelle des Fachbereichsleiters II (Infektions-, Katastrophenschutz und umweltbezogener Gesundheitsschutz) zusammengelegt, würde eine Arztstelle wegfallen?
  2. Warum besteht die Notwendigkeit eine Arztstelle einzusparen?
  3. Wenn diese Einsparung durchgesetzt werden würde, mit welcher Facharztausbildung sollte diese Neubesetzung erfolgen (Facharzt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst oder Facharzt für Hygiene)?
  4. Ist es nicht als bekannt vorauszusetzen, dass Ärzte beider genannten Fachrichtungen, so wie es die Bezeichnung auch besagt, eine sehr unterschiedliche Ausbildung absolvieren?
  5. Warum sollen die hoheitlichen Aufgaben eines Amtsarztes weiterhin reduziert werden, nur weil es aufgrund der jahrelangen Sparpolitik im Öffentlichen Gesundheitsdienst zu Einschränkungen kam und damit zu einer Unterschätzung des umfangreichen Tätigkeitsfeldes eines Amtsarztes führte?
  6. Warum soll gerade zum jetzigen Zeitpunkt aus Kostengründen eine Arztstelle eingespart werden, wenn mit dem Ziel das Mustergesundheitsamt in Berlin zügig umzusetzen und weiter zu entwickeln ist und der Senat jedem Bezirk ab sofort 5 zusätzliche Stellen bewilligt?
  7. Wäre es nicht ein völlig falsches Signal, wenn die verfehlte Sparpolitik im Öffentlichen Gesundheitsdienst von der Politik endlich pandemiebedingt erkannt wurde und von ihr der Pakt Öffentlicher Gesundheitsdienst beschlossen wurde, wenn in unserem Bezirk ausgerechnet eine wichtige Arztstelle eingespart werden soll?

gestellt am 17.0.2021

von Monika Brännström

Das Bezirksamt antwortet am 02.03.2021

Wird die Amtsarztstelle mit der Stelle des Fachbereichsleiters II (Infektions-, Katastrophenschutz und umweltbezogener Gesundheitsschutz) zusammengelegt, würde eine Arztstelle wegfallen?

Wir wollen keine Arztstelle einsparen! Wir schaffen zusätzlich eine Amtsleiterstelle, um die amtsärztliche Arbeit mit viel zu umfangreichen Aufgaben zu entlasten. Zusätzlich wollen wir den FB 2 neben der FB- Leitung mindestens mit einer zusätzlichen fachärztlichen Stelle besetzen!

Warum besteht die Notwendigkeit eine Arztstelle einzusparen?

Für den FB 2 (Infektions- und Katastrophenschutz) planen wir 2 Facharztstellen, die Facharztausrichtung sollte solche Bereiche betreffen, die auch eine solide Hygienekompetenz enthält, dazu gehören:

  • FA/FÄ für Hygiene und Umweltmedizin und/oder
  • FA/FÄ für Mikrobiologie, Virologie und Epidemiologie
  • FA/FÄ für Arbeitsmedizin
  • FA/FÄ für Allgemeinmedizin oder Innere Medizin.

Für die FB- Leitung und der amtsärztlichen Tätigkeit wird eine Zusatzweiterbildung Krankenhaushygiene und mehrjährige klinische Erfahrungen sowie Erfahrungen in Führungspositionen vorliegen. Ein Abschluss in der FA- Weiterbildung für den ÖGD wird angestrebt bzw. die Bereitschaft dazu.

Wenn diese Einsparung durchgesetzt werden würde, mit welcher Facharztausbildung sollte diese  Neubesetzung erfolgen (Facharzt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst oder Facharzt für Hygiene)?

Nein, die reine amtsärztliche Tätigkeit umfasst eigentlich sehr wenige Aufgaben, diese werden gelegentlich noch (fälschlicherweise) als hoheitliche amtsärztliche Aufgaben auch benannt.
Hauptaufgabengebiet eines Amtsarztes/einer Amtsärztin sind neben der ärztlichen Leitung und Fachaufsicht vor allem organisatorische, administrative und betriebswirtschaftliche Aufgaben. Traditionell ist die Anbindung an den FB 2 aber am engsten, dies ist insbesondere am Weiterbildungsablauf für den FA des ÖGD auch ablesbar.
Der Amtsarzt/die Amtsärztin hat in Berlin (nur hier gilt FA für ÖGD als Voraussetzung) gegenüber den anderen Bundesländern eine etwas sonderbare Funktion. In den übrigen Bundesländern ist jeder Arzt/jede Ärztin im Amt „Amtsarzt“. Zum Beispiel, die Ärzte im Sozialpsychiatrischen Dienst erstellen Gutachten bis hin zu freiheitsentziehenden Maßnahmen nach dem Psych-KG, die Kinderärzte im KJGD erstellen Gutachten für die Schule. Der FB 2 erledigt alle Aufgaben im Rahmen des IfSG eigenständig. Sie treffen ihre Entscheidungen entsprechend ihren fachlichen Kompetenzen.

Ist es nicht als bekannt vorauszusetzen, dass Ärzte beider genannten Fachrichtungen, so wie es die Bezeichnung auch besagt, eine sehr unterschiedliche Ausbildung absolvieren?

Die „hoheitlichen“ Aufgaben in dem Sinne gibt es gar nicht mehr. Diese Begrifflichkeit stammt noch von 1934 mit dem Gesundheitsamt als staatliche Sonderbehörde unter Leitung eines Amtsarztes/einer Amtsärztin. Daher rührt die Begrifflichkeit der hoheitlichen Aufgaben im Bereich des Gesundheits- und Infektionsschutzes, der Gesundheitshilfe und Prävention, der Medizinal- und Sanitärsaufsicht und der Begutachtung einschließlich der Erb- und Rassenhygiene (!!!). Sie ist also längst überholt, in der öffentlichen Wahrnehmung aber überdauernd, sicher durch die „Berliner Besonderheit“. Inzwischen ist diese Institution durch das Gesundheitsdienstgesetz der Länder abgelöst.
Früher hat der Amtsarzt noch Untersuchungen im Auftrag von Behörden vorgenommen, wie z. B. Einstellungsuntersuchungen, Dienstfähigkeit von Beamten, Gutachten für bestimmte Berufseignung (Hebammen, Heilpraktiker), Gesundheitszustand von Asylbewerbern, Verkehrssündern u.v.a. Inzwischen werden diese Untersuchungen im LAGeSo vorgenommen, also in landesverantwortlicher Funktion.
Für die sonstigen präventiv-gesundheitlichen Aufgaben sind im Gesundheitsamt die jeweiligen Fachleute zuständig (Psychiater, Hygienearzt, Kinderarzt, Zahnmediziner etc.).

Warum sollen die hoheitlichen Aufgaben eines Amtsarztes weiterhin reduziert werden, nur weil es aufgrund der jahrelangen Sparpolitik im Öffentlichen Gesundheitsdienst zu Einschränkungen kam und damit zu einer Unterschätzung des umfangreichen Tätigkeitsfeldes eines Amtsarztes führte?

Wie aus den vorhergehenden Antworten ersichtlich, geht es hier bei uns keinesfalls um Einsparungen von Arztstellen. Ganz im Gegenteil, seit Herbst 2020 konnten wir im Rahmen des Gesundheitspaktes schon mehrere Stellen besetzen und bezüglich des Mustergesundheitsamtes auch noch besetzen können. Dies tun wir mit vollem Einsatz, weil, da haben Sie vollkommen recht, die Sparorgien in den letzten Jahrzehnten dazu geführt haben, dass wir unseren eigentlichen Aufgaben, nämlich die des präventiven Gesundheitsschutzes unserer Bevölkerung nicht mehr ausreichend nachkommen konnten. Wir haben seit dem letzten Jahr, 21 neue Stellen schaffen können (Ärzte, Gesundheitsaufseher, Krankenschwester, Medizinische Fachangestellte, Psychologen, Sozialarbeiter und Therapeuten).

Warum soll gerade zum jetzigen Zeitpunkt aus Kostengründen eine Arztstelle eingespart werden, wenn mit dem Ziel das Mustergesundheitsamt in Berlin zügig umzusetzen und weiter zu entwickeln ist und der Senat jedem Bezirk ab sofort 5 zusätzliche Stellen bewilligt?

Wie schon erläutert, dies tun wir nicht. Wir koppeln lediglich die „wenigen Amtsarztaufgaben“ an die FB-Leitung FB 2 und entlasten den „Amtsarzt/die Amtsärztin von den administrativen, betriebswirtschaftlichen Aufgaben durch eine zusätzliche Amtsleiterstelle.

Schriftliche Anfrage - SchA VIII/ 1404