Illegal errichtete Steganlagen in Treptow-Köpenick

Schriftliche Anfrage VIII/0782

  1. Wie viele Steganlagen sind in Treptow-Köpenick illegal errichtet worden?
  2. In welchen Bereichen liegen diese Anlagen beziehungsweise welcher Nutzung sind diese zugeordnet?
  3. Seit wann ist dem Bezirksamt bekannt, dass es diese illegal errichten Steganlagen gibt?
  4. Ab wann gilt eine errichtete Anlage als illegal, wenn sie nach 10 Jahren von Seiten des Bezirksamtes nicht genehmigt wurde oder wenn diese ohne Genehmigung gebaut wurde?
  5. Ist der Bau einer Steganlage baurechtlich wie andere Bauten, wie zu Beispiel Gaststätten oder Vereinshäuser zu betrachten und, wenn nein, warum nicht?
  6. Müssen alle entstandenen Bauvorhaben alle 10 oder 20 Jahre geprüft werden und neu genehmigt werden und, wenn nein, warum nicht?
  7. Wie kann das Bezirksamt gegen illegal errichtete Steganlagen rechtlich vorgehen, ins besondere bei Privatgrundstücken oder Steganlagen, bei denen der Besitzer nicht zugeordnet werden kann?
  8. Ist das Bezirksamt bereits gegen illegale Steganlagen vorgegangen und, wenn ja, wie viele sind es und mit welchem Erfolg?
  9. Welcher Kostenaufwand und Personalaufwand wird und wurde benötigt, um illegale Steganlagen zu ermitteln, zu beseitigen oder zu legalisieren?
  10. Welche Schritte genau sind nötig, um illegale Steganlagen zu legalen Anlegestellen zu machen?
  11. Ist es richtig, dass derzeit Steganlagen komplett oder teilweise gesperrt werden können, wenn sich innerhalb der Anlage Pflanzenbewuchs befindet und mit welcher Begründung?
  12. Wie wird sich das Bezirksamt entscheiden, wenn es sich um Anlagen handelt, die mit Steuergeldern gefördert wurden und als Sportanlagen bei Sportvereinen deklariert sind und unterliegen diese Anlagen nicht dem Sportfördergesetz?
  13. Erkennt das Bezirksamt die Folgen, dass ungenehmigte Steganlagen oder Anweisungen Steganlagen zurückzubauen dazu führen, dass Besitzer von Steganlagen vor Prüfungen ihren Pflanzenbewuchs selbst illegal beseitigen, um Sperrungen oder Auflagen zu umgehen?
  14. Kann das Bezirksamt die Zunahme des Pflanzenbewuchses auf eine stetig verbesserte Wasserqualität in den letzten Jahren zurückführen und, wenn ja, warum ist es nötig, Auflagen weiter zu verschärfen und damit die öffentliche Wassernutzung im Freizeit- und Erholungsbereich einzuschränken?
  15. Warum wurden Nutzungsvereinbarungen zum Müggelsee, basierend auf dem Gedanken des Umweltschutzes, von der Senatsverwaltung, aber nicht von den Umweltverbänden unterschrieben und welche Unterstützung leistet das Bezirksamt dazu?
  16. Werden Eingaben, Anträge und Verbesserungsvorschläge aus Sicht des Bezirksamts in das Steganlagenkonzept eingearbeitet beziehungsweise welche gibt es schon und werden diese berücksichtigt?
  17. Bis wann muss die Seganlagenkonzeption fertig sein und welchen Einfluss hat diese auf neue Anträge zum Bau von Wassersportanlagen auf die wirtschaftlichen und touristischen Entwicklungen im Bezirk Treptow-Köpenick?

gestellt am 04.03.2019

von Heike Kappel

Das Bezirksamt antwortet am 02.04.2019

Wie viele Steganlagen sind in Treptow-Köpenick illegal errichtet worden?

Die Anzahl der illegal errichteten Steganlagen sind dem Bezirksamt nicht bekannt.
Im Bezirk Treptow-Köpenick verfügen ca. 300 Sportbootsteganlagen nicht über eine gültige Genehmigung nach § 62 Berliner Wassergesetz (BWG) bzw. des Wasserrechts der DDR. Insofern beziehen sich die nachfolgenden Antworten auf diese Sportbootstege.

In welchen Bereichen liegen diese Anlagen beziehungsweise welcher Nutzung sind diese zugeordnet?

Die Sportbootstege sind über den gesamten Bezirk verteilt und sind privaten, gewerblichen sowie öffentlichen Nutzungen zuzuordnen.

Seit wann ist dem Bezirksamt bekannt, dass es diese illegal errichten Steganlagen gibt?

Das ist dem Bezirksamt in Einzelfällen schon seit längerer Zeit bekannt.

Ab wann gilt eine errichtete Anlage als illegal, wenn sie nach 10 Jahren von Seiten des Bezirksamtes nicht genehmigt wurde oder wenn diese ohne Genehmigung gebaut wurde?

In beiden Fällen Verfügt eine Anlage nicht über eine wasserrechtliche Genehmigung nach § 62 BWG.

Ist der Bau einer Steganlage baurechtlich wie andere Bauten, wie zu Beispiel Gaststätten oder Vereinshäuser zu betrachten und, wenn nein, warum nicht?

Müssen alle entstandenen Bauvorhaben alle 10 oder 20 Jahre geprüft werden und neu genehmigt werden und, wenn nein, warum nicht?

Sportbootstege sind nach Bauordnungsrecht verfahrensfrei (§ 62 Abs. 1 Nr. 14 e Bauordnung Berlin - BauO Bin).

Generell zuständig für die Genehmigung von Sportbootsteganlagen sind nach Nr. 18 Abs. 10 Zuständigkeitskatalog Ordnungsaufgaben (ZustKat Ord) die für Umwelt zuständigen Behörden der Bezirksämter. Fragen betreffend Sportbootsstegen sind allein Fragen des Wasserrechts, welche sich aus Standort, Bauart der Anlagen und deren Dauerhaftigkeit ergeben.

Die beiden Rechtsmaterien - das öffentliche Baurecht und das Wasserrecht - unterscheiden sich grundsätzlich.

In Einzelfällen werden aus städtebaulichen Gründen Baugenehmigungen befristet erteilt.

Wie kann das Bezirksamt gegen illegal errichtete Steganlagen rechtlich vorgehen, ins besondere bei Privatgrundstücken oder Steganlagen, bei denen der Besitzer nicht zugeordnet werden kann?

Die Genehmigung nach § 62 BWG sind anlageneigentümerbezogen, bzw. - nutzerbezogen.

Verfügen bestehende Sportbootsteganlagen nicht über eine gültige Genehmigung, so wird der derzeitige Grundstücksbesitzer bzw. Nutzungsberechtigte aufgefordert, einen entsprechenden nachträglichen Genehmigungsantrag zu stellen.

Unabhängig von dem nachträglichen Genehmigungsverfahren stellt das Errichten oder
wesentliche Verändern einer Sportbootsteganlage ohne Genehmigung eine Orddungswidrigkeit gemäß § 104 Nr. 11 BWG dar und kann mit einer Geldbuße geahndet werden.

Ist das Bezirksamt bereits gegen illegale Steganlagen vorgegangen und, wenn ja, wie viele sind es und mit welchem Erfolg?

Welcher Kostenaufwand und Personalaufwand wird und wurde benötigt, um illegale Steganlagen zu ermitteln, zu beseitigen oder zu legalisieren?

Ja. Die Anzahl der geführten Verfahren wird statistisch nicht erfasst und unterscheidet sich größtenteils nicht von den sonstigen Genehmigungsverfahren.

ln den meisten Fällen erfolgt ein nachträgliches Genehmigungsverfahren, innerhalb dessen die Prüfung auf Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfolgt.

Belastenden Verwaltungsakten können personalintensive Widerspruchs- und Klageverfahren nachfolgen.

Welche Schritte genau sind nötig, um illegale Steganlagen zu legalen Anlegestellen zu machen?

Die Anlagen in oder an Gewässern sind mit einem formlosen Schreiben zu beantragen.
Hinweise zur Antragstellung, zu den beizubringenden Unterlagen sowie den Kontaktdaten der zuständigen Behörden sind dem Merkblatt für Antragsteller von wasserbauliehen Anlagen zu entnehmen, welches auf der Internetseite des Umwelt- und Naturschutzamtes einzusehen ist oder den Antragstellern zugesandt wird.

Ist es richtig, dass derzeit Steganlagen komplett oder teilweise gesperrt werden können, wenn sich innerhalb der Anlage Pflanzenbewuchs befindet und mit welcher Begründung?

Gemäß Berliner Naturschutzgesetz (NatSchG Bin, § 29 - 32, Abschnitt 2, Schutz und Pflege des Röhrichtbestandes) müssen Boote, Schwimmkörper u.ä. einen Mindestabstand von 10 m zum Röhricht und Schwimmblattzonen einhalten, daraus folgt, dass entsprechende Schneisen im Röhricht für die Nutzung über 20 m breit sein müssen.

Anlagen (z.B. Stege) in und am Röhricht sind genehmigungspflichtig, der Bestand und die Ausbreitung der Röhrichtpflanzen darf nicht behindert werden. Falls sich das Röhricht in Richtung bestehender Anlagen ausgebreitet hat, ist der Beeinträchtigungstatbestand zu prüfen und kann ggf. zur Schließung und zum Rückbau der Anlage führen.

Weiterhin sind alle heimischen See- und Teichrosen und eine Anzahl von Röhrichtarten nach der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) besonders bzw. streng geschützt und somit auch außerhalb geschlossener Pflanzenbestände zu erhalten und vor Beeinträchtigung zu bewahren.

Wie wird sich das Bezirksamt entscheiden, wenn es sich um Anlagen handelt, die mit Steuergeldern gefördert wurden und als Sportanlagen bei Sportvereinen deklariert sind und unterliegen diese Anlagen nicht dem Sportfördergesetz?

In Einzelfällen, wo naturschutzrechtliche Belange z.B. in Bezug auf den Schutz und Pflege von Röhricht- und Schwimmblattpflanzen zu beachten sind, wird den Vereinen empfohlen, parallel einen Antrag auf Befreiung nach § 67 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) von den Verboten des § 31 Naturschutzgesetz Berlin (NatSchG Bin) einzureichen.
Daraufhin kann im Verfahren die Prüfung erfolgen, ob aus Gründen des Oberwiegenden öffentlichen Interesses die Befreiung gewährt werden kann. Die Mitwirkung der anerkannten Naturschutzverbände ist hier verpflichtend.
Derartige Entscheidungen fallen jeweils nach Prüfung des konkreten Einzelfalls und sind nicht generell zu treffen.
Grundlage sind in jedem Fall die rechtlichen Ausführungen des Berliner- bzw. des Bundesnaturschutzgesetztes.
Dem Umwelt- und Naturschutzamt sind keine sportförderwürdigen Wassersportvereine
bekannt, deren Steganlagen aus Gründen des Röhrichtschutzes gänzlich zurückgebaut werden mussten, so dass eine Ausübung des Wassersports nicht mehr möglich ist. Es sind aber im Rahmen eines Umbaus von Sportanlagen Möglichkeiten des schonenden Eingriffs in vorhandene Ökosysteme zu prüfen und umzusetzen.
Unter den genannten Voraussetzungen ist nicht erkennbar, dass die Ziele der Sportförderung im Sinne des Sportförderungsgesetzes (SportFG) keine Berücksichtigung finden.

Erkennt das Bezirksamt die Folgen, dass ungenehmigte Steganlagen oder Anweisungen Steganlagen zurückzubauen dazu führen, dass Besitzer von Steganlagen vor Prüfungen ihren Pflanzenbewuchs selbst illegal beseitigen, um Sperrungen oder Auflagen zu umgehen?

Die gesetzlichen Schutzbestimmungen für Röhrichte, Schwimmblattzonen und andere
geschützte Arten sind bei jeder Zulassung von Steganlagen am Gewässer durch die zuständige Behörde im Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden.

Das vorsätzliche Entfernen der gesetzlich geschützten Biotope im Sinne des § 29 Abs. 2
Naturschutzgesetz Berlin (NatSchG Bin) stellt eine verbotene Handlung nach§ 31 NatSchG Bln dar und kann mit einem Bußgeld geahndet werden.
Gleichzeitig werden Anordnungen zur Wiederherstellung der entfernten Röhrichtbestände getroffen.

Die Senatsverwaltung hat ein Merkblatt zu Wasserpflanzen mit Hinweisen zum Umgang an Steganlagen und Freibädern veröffentlicht (als Anlage beigelegt).

Kann das Bezirksamt die Zunahme des Pflanzenbewuchses auf eine stetig verbesserte Wasserqualität in den letzten Jahren zurückführen und, wenn ja, warum ist es nötig, Auflagen weiter zu verschärfen und damit die öffentliche Wassernutzung im Freizeit- und Erholungsbereich einzuschränken?

Die Verbesserung der Wasserqualität (besonders der Sichttiefe u. Transparenz), fördert
hauptsächlich die Unterwasserflora, Schwimmblattzonen erholen sich.

Eine Verschärfung der Auflagen ist seit lnkrafttreten der entsprechenden Paragrafen (s. Frage 11) im Berliner Naturschutzgesetz (für Ostberlin gültig ab dem 03.10.1990), bezüglich des Röhrichtschutzes nicht erfolgt.
Diese sind nur im Rahmen einer Gesetzesänderung durch das Abgeordnetenhaus
nach Vorlage durch die Oberste Naturschutzbehörde möglich.

Bis zum Jahr 2000 wurden Steggenehmigungen durch die Senatsverwaltung erteilt, inwieweit sich das Procedere von dem jetzigen Verfahren im Bezirksamt unterschied, kann nicht gesagt werden.

Warum wurden Nutzungsvereinbarungen zum Müggelsee, basierend auf dem Gedanken des Umweltschutzes, von der Senatsverwaltung, aber nicht von den Umweltverbänden unterschrieben und welche Unterstützung leistet das Bezirksamt dazu?

Soweit die Frage sich auf die "Allianz zum Schutz des Großen Müggelsees - Freiwillige
Vereinbarung zur nicht motorisierten Sport- und Freizeitnutzung auf dem Großen Müggelsee" und deren Unterzeichnung bezieht, liegen dem Bezirksamt dazu keine Erkenntnisse vor.

Die Vereinbarung wurde im Zusammenhang mit der rechtlichen Sicherung des Müggelsees als Natura-2000-Gebiet in Zuständigkeit der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz erarbeitet und abgeschlossen.

Werden Eingaben, Anträge und Verbesserungsvorschläge aus Sicht des Bezirksamts in das Steganlagenkonzept eingearbeitet beziehungsweise welche gibt es schon und werden diese berücksichtigt?

Alle eingegangenen Eingaben, Anträge und Verbesserungsvorschläge sowie Stellungnahmen zum Entwurf des Steganlagenkonzepts wurden fachlich inhaltlich geprüft und fanden entsprechend der Aufgabenstellung Eingang in die Konzeption.

Eine Einzelaufstellung der eingearbeiteten Änderungen ist an Hand einer Synopse erfolgt und wurde dem Ausschuss für Umwelt- und Naturschutz und Grünflächen übergeben.

Bis wann muss die Seganlagenkonzeption fertig sein und welchen Einfluss hat diese auf neue Anträge zum Bau von Wassersportanlagen auf die wirtschaftlichen und touristischen Entwicklungen im Bezirk Treptow-Köpenick?

Die Konzeption wird eine bezirkliche ermessensleitende Richtlinie als Arbeitshilfe für den
Abwägungsprozess zwischen den unterschiedlichen Belangen bei der Genehmigung zur
Errichtung von Sportbootstegen darstellen.
Sie ersetzt nicht das Erfordernis von behördlichen Einzelfallprüfungen und -entscheidungen nach den gesetzlich vorgegebenen Regelungen.

Die Konzepterstellung für ca. 120 km Uferfläche ist erfolgt und wurde erstmalig im Juni 2017 dem BVV Ausschuss für Umwelt- und Naturschutz Ulid Grünflächen zur Beratung übergeben.

Der Nachtrag zur FFH-Prüfung innerhalb der Natura-2000-Gebiete und zu den Rahnsdorfer Inseln wird in Kürze vorliegen.

Schriftliche Anfrage - SchA VIII/0782