So funktioniert die Provokationsspirale der AfD

Aus dem Rathaus

AfD nutzt Geschäftsordnung um Sitzung in die Länge zu ziehen

Geradezu exemplarisch konnte auf der Sondersitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im Oktober beobachtet werden, welche Strategie die Ein-Thema-Partei AfD wiederholt nutzt, um ihr Anliegen Fremdenfeindlichkeit ins Gespräch zu bringen. 

Das einfache Rezept geht so: 1. Man nehme ein Thema, bei dem sich die meisten demokratischen und vernünftigen Menschen einig sind. 2. Dann spiele man Betroffenheit und wünsche vorgeblich Verbesserungen. 3. Wenn alle zuhören, dann zeige man mit ausgestrecktem Finger auf die vermeintlich Schuldigen und das eigentliche Ziel der Debatte: Nichtdeutsche, Ausländer, Muslime. Dann fällt es leicht, sich auf einen angeblichen demokratischen Konsens zu berufen, bringt Fremdenfeindlichkeit geschickt unter und streut, mit etwas Glück, noch Streit. Aufmerksamkeit ist gewiss. Welche Positionen die AfD dabei tatsächlich vertritt, spielt keine Rolle (siehe Kasten). 

Genau diese Strategie verfolgte die AfD auf der Sondersitzung der BVV, die nötig geworden war, weil zuvor zu viele Tagesordnungspunkte vertagt werden mussten. Dass die Tagesordnung nicht abgearbeitet werden kann, passiert indes immer öfter, weil die AfD die Geschäftsordnung nutzt, um die Sitzungen unnötig in die Länge zu ziehen. 

Mit einer Großen Anfrage wollte die AfD nun etwas über antisemitische Vorfälle in Treptow-Köpenick wissen. Dass Antisemitismus bei allen anderen Parteien in der BVV ein nicht tolerier- und hinnehmbares Phänomen ist, dessen konnte sie sich sicher sein (1). Offensichtlich auch, was dann folgte: Die AfD zeigte angebliche Solidarität mit den Opfern (2) und zeigte mit dem Finger auf die vermeintlich Schuldigen. Klar - angebliche nichtdeutsche Muslime (3). Das gleiche einstudierte Rezept probt die AfD auf allen Ebenen der Politik, von der BVV bis zum Bundestag. Nur die Zutaten variieren gelegentlich. Mal geht es vorgeblich um homosexuelle Menschen, dann um Juden, die Reche von Frauen oder gar die Demokratie an sich, während die angeblichen Gefährder für die AfD immer die Gleichen bleiben.

Der Vorsitzende des Integrationsausschusses, Christian Kerntopf (DIE LINKE), erwidert der AfD: „2017 gab es in Berlin 231 antisemitische Vorfälle, von denen 202 von Rechten verübt wurden. Sie suggerieren, Antisemitismus sei ein Problem mit Zuwanderern. Das ist ­faktisch falsch. Jüdinnen und Juden brauchen unsere Unterstützung und Soli­darität, unabhängig von der vermeintlichen Herkunft der Täter. Es geht ihnen hier nicht darum, Antisemitismus zu thematisieren, sondern darum, ihre Haltung zu Musliminnen und Muslimen in die ­Öffentlichkeit zu bringen. Das ist im Kern eine rassistische Argumentation. Wenn es ihnen um Antisemitismus ginge, müssten sie ihren Vorsitzenden Alexander Gauland ausschließen, der die Shoah, den Nationalsozialismus, die schlimmsten antisemitischen Verbrechen der Geschichte als Vogelschiss bezeichnet hat. 

Es ist offensichtlich, dass es der AfD nur um Propaganda gegen Musliminnen und Muslime geht und dagegen stellen wir uns“.

Diese Themen nutzt die AfD, um gegen geflüchtete Menschen, Asylbewerberinnen und Asylbewerber, Musliminnen und Muslime sowie Ausländerinnen und Ausländer zu hetzen. Dabei sind die Positionen und das Handeln der AfD selbst ein Problem.
- Antisemitismus: Die AfD versucht sich betont solidarisch mit Jüdinnen und Juden zu zeigen. Wichtige AfD Politiker sprechen in Bezug zum Holocaust aber schon mal von „Fliegenschiss“ (Gauland), oder von einem „Denkmal der Schande“ und fordern eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ (Höcke).
- homosexuelle Menschen: Die AfD will die Ehe für Alle abschaffen, AfD Politiker verbrennen eine Regenbogenfahne (BZ), reden von einem „perversen Zeitgeist“, dem man nicht nachgeben dürfe (Höcke) oder gar einer „degenerierten Spezies“ (Nerstheimer)
- Frauenrechte: Für die AfD ist das „Gendergaga“ (v. Storch), sie lehnt Antidiskriminierungsgesetze ab (Wahlprogramm 2017) und führt „Ich bin keine Feministin“-Kampagnen (Junge Alternative) durch. Alleinerziehende will die AfD nicht unterstützten, da sie am „Bild der Familie aus Vater, Mutter und Kindern“ (Wahlprogramm 2017) festhalten will.

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