Bebauungsplan 9-15a "Johannisthal / Adlershof" und der (Teil-) Erhalt der ehemaligen Flughafengebäude

Schriftliche Anfrage VIII/1373

  1. Ist das Bezirksamt in die frühzeitige Beteiligung zum Bebauungsplanverfahren 9-15a einbezogen worden?
  2. Kann das Bezirksamt bestätigen, dass beim derzeitigen Stand im Bebauungsplanverfahren die denkmalgeschützten Hallen des ehemaligen Flughafens Johannisthal (Denkmalnummer 09045243) durch Wohnungsbau ersetzt werden sollen?
  3. Welche Möglichkeiten sieht bzw. hat das Bezirksamt, um (Teil-) Gebäude des ehemaligen Flugplatzes zu erhalten und diese unter Denkmalschutz zu belassen, um so an den zweiten deutschen Flughafen zu erinnern?

gestellt am 13.01.2021

von Uwe Doering

Das Bezirksamt antwortet am 12.02.2021

Ist das Bezirksamt in die frühzeitige Beteiligung zum Bebauungsplanverfahren 9-15a einbezogen worden?

Ja, das Bezirksamt ist sowohl formell als auch informell in das Verfahren, das in der Zuständigkeit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen liegt, einbezogen worden.
Verschiedene Fachämter des Bezirksamts wurden als Träger öffentlicher Belange um Stellungnahme gebeten.
Die frühzeitige Beteiligung Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Absatz 1 BauGB fand vom 12. April bis 11. Mai 2018 statt.
Die Beteiligung Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Absatz 2 BauGB fand ab dem 30. Januar 2020 für die Dauer eines Monats statt.

Kann das Bezirksamt bestätigen, dass beim derzeitigen Stand im Bebauungsplanverfahren die denkmalgeschützten Hallen des ehemaligen Flughafens Johannisthal (Denkmalnummer 09045243) durch Wohnungsbau ersetzt werden sollen?

Welche Möglichkeiten sieht bzw. hat das Bezirksamt, um (Teil-) Gebäude des ehemaligen Flugplatzes zu erhalten und diese unter Denkmalschutz zu belassen, um so an den zweiten deutschen Flughafen zu erinnern?

Das rund 21 ha große Areal des ehemaligen „VEB Kühlautomat“ am Segelfliegerdamm 1-45 grenzt im Süden an den Landschaftspark Johannisthal und stellt die letzte größere zusammenhängende unentwickelte Fläche im Entwicklungsgebiet Adlershof/ Johannisthal dar.
Nachdem das Areal in den letzten Jahren vor allem von Wildwuchs und Verfall geprägt war, gewinnt die Reaktivierung der Fläche aufgrund veränderter Rahmenbedingungen wieder anDynamik.
Auch die in Aussicht stehende direkte Anbindung an den S-Bahnhof am Betriebsbahnhof Schöneweide schafft verbesserte Voraussetzungen zur Entwicklung der Fläche. Gemeinsames Ziel der Eigentümer und des Landes Berlin ist die Entwicklung des ehemals industriell geprägten Areals zu einem attraktiven, gemischten Wohn- und Gewerbequartier.

Bis heute ist die abwechslungsreiche Geschichte des Bearbeitungsgebiets an den historischen Gebäuden im Nord-Westen der Fläche und sonstigen Spuren ablesbar.
Die noch vorhandenen historischen Ursprünge sind dabei auf die Pionierzeit des Flugwesens zurückführen. Der Industrielle Arthur Müller gründete am 21.12.1912 die Luftverkehrsgesellschaft (LVG) in Berlin-Johannisthal. Später ließ er hier auch Flugzeuge herstellen. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wurden die Hallen zunächst als Autoreparaturwerkstatt der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) genutzt, bis diese 1950 nach Bernau bei Berlin verlegt wurde. Im gleichen Jahr wurden die Werksanlagen vom VEB "Kühlautomat" übernommen und baulich erweitert. Neben Kühlautomaten für den Haushalt produzierte der Betrieb in Johannisthal unter anderem Materialprüfkammern, Kühlanlagen für Schiffe, für Fahrzeuge und den Handel sowie später auch Dieselmotoren für Bahn- und Schiffsbau.
Am nordwestlichen Rand des Bearbeitungsgebiets befindet sich der Denkmalbereich 09045243 der Berliner Denkmalliste (Hallen und Verwaltungsgebäude der ehemaligen Flugzeugfabrik der Luftverkehrsgesellschaft, errichtet 1912–1916, 1921) mit mehreren, auch als Baudenkmalen geschützten Gebäuden. Ein Großteil der Denkmale befindet sich in einem stark verfallenen Zustand. Einige denkmalgeschützte Gebäude sind nicht mehr vorhanden. Aufgrund der langjährigen Vernachlässigung der Bausubstanz können viele Gebäude nicht
mehr erhalten werden. In Abstimmung mit den zuständigen Denkmalbehörden wurden einige denkmalgeschützte Gebäude in der Auslobung zum städtebauliches Gutachterverfahren zur Disposition gestellt. Für die zu erhaltenden denkmalgeschützten Gebäude haben Untere Denkmalschutzbehörde und Landesdenkmalamt Vorgaben zum künftigen Umgang in die Auslobung eingebracht.

Im Hinblick auf eine städtebauliche Neuordnung des Areals wurde im Oktober 2015 mit der Obersten Denkmalschutzbehörde, dem Landesdenkmalamt und der Unteren Denkmalschutzbehörde vereinbart, dass die Gebäude 5a und 5b (Baudenkmale), die noch erhaltenen Teile der Halle 6 (Baudenkmal), Gebäude 16 (Baudenkmal) und Gebäude 17 erhalten werden sollen. Ein Erhalt der Hallen 1-4 wurde zum damaligen Zeitpunkt nicht gefordert, über den Erhalt von Halle 5c wurde nicht abschließend entschieden, aus Sicht der Denkmalpflege wurde ein Abriss jedoch nicht völlig ausgeschlossen. Die abgebrannte Halle 52 (Baudenkmal) wurde von der Denkmalpflege aufgegeben. Von der anfangs durch die Denkmalbehörden erhobenen Erhaltungsanforderung der Halle 53 wurde nach einer auf Anforderung des LDA vorgelegten Plausibilitätsprüfung ebenfalls Abstand genommen. Die auch zum Erhalt vorgesehene Halle 7 fiel zwischenzeitlich einem Brand zum Opfer und soll durch einen Neubau ersetzt werden, der zumindest die niedrige Höhe der Halle im Anschluss an das Verwaltungsgebäude einhält.

Diese Abstimmungsergebnisse zum Umgang mit der denkmalgeschützten Bausubstanz waren auch verbindliche Vorgaben für ein im Frühjahr 2017 gemeinsam mit den Vertretern der Eigentümer und der degewo ausgelobtes städtebauliches Gutachterverfahren.
Als erster Schritt wurde zwischen dem Land Berlin und den Vertretern der Grundstückseigentümer am 7.07.2016 eine Grundlagenvereinbarung unterzeichnet, die die Grundzüge der Nutzung und Erschließung definiert. Das Verfahren erfolgte als nicht-anonymes konkurrierendes städtebauliches Gutachterverfahren.

Der prämierte Entwurf des Büros Freie Planungsgruppe Berlin sah über den vorgegebenen Erhalt der historischen Bausubstanz hinaus auch den Erhalt der Halle 4 vor. Da bei einem Erhalt der Halle 4 die mit den Vertretern der Erbengemeinschaft in einem Grundlagenvertrag vereinbarte Geschossfläche nicht zu realisieren wäre, hat Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen als Plangeberin für das Bebauungsplanverfahren 9-15a im Rahmen der Konkretisierung der Planungen entschieden, den footprint der Halle 4 durch Baugrenzen planungsrechtlich zu sichern, hier jedoch auch einen viergeschossigen Neubau zuzulassen.

Im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange zum B-Planverfahren 9-15a, die im Zeitraum vom 11.04.-11.05.2018 stattfand, wurden vom Landesdenkmalamt und der Unteren Denkmalschutzbehörde Stellungnahmen abgegeben, die zu weiteren intensiven Abstimmungen führten.

Im Rahmen der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 Absatz 2 BauGB nahm die Untere Denkmalschutzbehörde erneut Stellung:
Mit der Stellungnahme von März 2020 wurde die planungsrechtliche Sicherung der zu erhaltenden Bestandteile des Denkmals (Gebäude 5a, 5b, 6, 16 und 17) durch die Übernahme der Gebäudekanten als Baugrenzen begrüßt, empfohlen wurde darüber hinaus die Festsetzung der Gebäudehöhen der Bestandsbauten durch die Übernahme der vorhandenen Gebäudehöhen (Trauf- und Firsthöhe) anstelle der Angabe der Geschosszahl. Dies ist insbesondere beim ehemaligen Verwaltungsgebäude (Gebäude 16) erforderlich, da die Traufhöhe des Neubaus derjenigen des ehemaligen Verwaltungsgebäudes zu entsprechen hat (in den Bestandsplänen ist die Traufhöhe mit 8,70 m über Geländeniveau angegeben).

Vorsorglich wurde auch erneut darauf hingewiesen, dass während aller Abbruch- und Baumaßnahmen im Umfeld der zu erhaltenden Gebäude (Gebäude 5a, 5b, 6, 16 und 17) sicherzustellen ist, dass die denkmalgeschützten Gebäude nicht beeinträchtigt werden. Die dazu vorzusehenden Maßnahmen sind mit der Unteren Denkmalschutzbehörde im Vorfeld abzustimmen. Ebenso ist die Freiflächengestaltung und die Gestaltung des Platzes im Umfeld der denkmalgeschützten Gebäude und der Gesamtanlage mit der Unteren Denkmalschutzbehörde frühzeitig abzustimmen. Die Freiflächengestaltung ist so zu planen, dass die Eigenart der Denkmale und des Denkmalbereichs und der Umgebungsschutz gewahrt werden, dazu gehört auch die Grundstückseinfassung zum Segelfliegerdamm.
Die Stellungnahme fließt in die Abwägung ein. Das Abgeordnetenhaus Berlin wird über den Bebauungsplanentwurf in Kenntnis der Stellungnahme entscheiden.

Schriftliche Anfrage - SchA VIII/1373