Politisch kalkulierter Angriff auf die Gemeinschaftsschule

Aus dem Rathaus

Schulamt blockiert weiter Campuslösung für die Sophie-Brahe-Schule

Vor der Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im November demonstrierten Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer von Gemeinschaftsschulen am Rathaus Treptow gegen eine Behinderung ihrer Schulform. Während der Senat sich mit der Änderung des Schulgesetzes im Jahr 2018 klar für eine Stärkung der Gemeinschaftsschule als eigenständige Schulform ausgesprochen hat, wird dieser politische Wille zum längeren gemeinsamen Lernen in der Praxis jedoch oft ­blockiert.

Die ­Sophie-Brahe-Gemeinschaftsschule in Plänterwald etwa ist von einer Trennung ihrer Schulteile bedroht. Bezirksstadträtin Cornelia Flader (CDU) argumentiert mit Verweis auf den Schulplatzmangel im Bezirk für eine Aufstockung der Oberstufenklassen sieben bis zehn. Dafür müsste der Grundschulteil aber den Hauptstandort verlassen und in ein 800 Meter entferntes Gebäude in der Willi-Sänger-Straße ziehen. Lehrerinnen und Lehrer, Schulleitung, Schulaufsicht und BVV favorisieren hingegen einen gemeinsamen Campus in der Straße Am Plänterwald.

„Wir fordern die Einhaltung des Schulgesetzes. Die Trennung von Grundschule und Oberstufe bedeutet einen Zerfall der Gemeinschaftsschule“, kritisiert Ramona Wöhlecke, Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Treptow-Köpenick und Lehrerin der Sophie-Brahe-Gemeinschaftsschule.

Anlass der Demonstration waren zwei Drucksachen, die auf der Tagesordnung der BVV standen. In einem Bericht hatte Bezirksstadträtin Flader erklärt, dass sie einen BVV-Beschluss, der eine Campuslösung für die Sophie-Brahe-Schule verlangt, nicht umsetzen werde. Dies wurde von einer Mehrheit aus SPD, LINKEN und Grünen nicht akzeptiert. Der Bericht wurde förmlich zum Zwischenbericht zurückgestuft. Die zweite Drucksache war ein in den Schulausschuss überwiesener Antrag der Fraktion DIE LINKE, der die Campuslösung bekräftigt, die Begrenzung auf vier Klassen pro Jahrgang vorsieht und vorschlägt, am Standort Willi-Sänger-Straße eine neue Sekundarschule zu errichten.

"Für die Identität der Schule ist der Campus, der das gemeinsame Lernen der Jahrgänge an einem Ort ermöglicht, sehr wichtig“, findet Johann Eberlein, schulpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. Es widerspreche auch dem Konzept der Gemeinschaftsschule, wenn lauter siebte Klassen dazukommen, deren Schülerinnen und Schüler die Grundstufe an einer anderen Schule durchlaufen haben. Der Campus Am Plänterwald solle zu einer vernünftig dimensionierten Gemeinschaftsschule, der Standort in der Willi-Sänger-Straße zu einer Integrierten Sekundarschule entwickelt werden. Denn es sei un­strittig, dass deutlich mehr Sekundarschulplätze benötigt werden. Dies aber zulasten der Gemeinschaftsschule zu machen, obwohl nebenan ein Gebäude leer stehe, sei entweder, so Eberlein weiter, „dumm oder ein politisch kalkulierter Angriff auf das von der CDU ungeliebte Konzept der Gemeinschaftsschule“.

Die GEW Berlin fordert darüber hinaus Senatorin Sandra Scheeres (SPD) auf, Gemeinschaftsschulen weiterhin zu fördern und gegenläufige Entwicklungen in einzelnen Bezirken zu unterbinden.


Dieser Artikel erschien zuerst in Aus dem Rathaus vom 07.11.2019

Aus dem Rathaus ist die monatlich erscheinende Zeitung der BVV-Fraktion DIE LINKE, in der über aktuelle Themen der Bezirksversammlung und Kommunalpolitik berichtet wird. Sie wird als Einleger im Blättchen flächendeckend im Bezirk verteilt. Beide sind zudem auch kostenlos online erhältlich.

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